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Ein Kraut für viele Fälle
Bohnenkraut macht deftige Speisen bekömmlicher – Schnecken mögen es nicht
Mit dem Trend zur pflanzlichen Ernährung wird das würzig-aromatische Bohnenkraut heute wieder häufiger verwendet. Es fördert die Bekömmlichkeit von Hülsenfrüchten wie Bohnen oder Linsen genauso wie von fetthaltigen, deftigen Speisen, Kartoffelsuppen oder fettreichem Fisch wie Aal oder Makrele. Aufgrund seines mild-scharfen Geschmacks trägt es bisweilen den Namen Pfefferkraut.
Außerdem ist es für medizinische Zwecke bei Verdauungsbeschwerden, Bronchitis, Halsentzündungen, Gelenkschmerzen und sogar bei leichten psychischen Problemen einsetzbar. Nach ersten Anzeichen und Vorboten von Erschöpfung und Stress, die sich durch nachlassenden Appetit äußern oder mit einer Unlust, sich selbst etwas zu kochen, kann gerade das aromatische Bohnenkraut hilfreich entgegenwirken.
Seine zweilippigen Blüten erinnern in ihrem Querschnitt an einen Mund, daher zählt das Gewürzkraut botanisch zur Familie der Lippenblütengewächse. Meist haben seine Lippenblüten eine rosa bis helllila Färbung, sie werden gerne von Honigbienen angeflogen. Als Bienenweide angeboten, verleiht es dem gesammelten Honig einen besonderen Duft und Geschmack. Deshalb erhielt es im antiken Rom den Namen »Honigblume«.
Die ursprüngliche Heimat des Bohnenkrauts liegt im östlichen Mittelmeergebiet und am Schwarzen Meer. In Bulgarien wird Balkan-Bohnenkraut auch heute noch zu aromatischem, ätherischem Öl verarbeitet und vermarktet. In der französischen Küche sind die schmalen, spitzen Blättchen ein wichtiger Bestandteil der Kräutermischung »Kräuter der Provence«.
Das Sommerbohnenkraut, Saturea hortensis, gedeiht einjährig und wird in jedem Frühling neu ausgesät. Hingegen ist Winterbohnenkraut, auch als Bergbohnenkraut (Saturea montana) bezeichnet, eine immergrüne, zwergstrauchartige Pflanze, bei der nur vergreiste und abgestorbene Triebe im April zurückzuschneiden sind.
Hinsichtlich Würzkraft und Aroma wurden verschiedene Analyseergebnisse erzielt. Beide Bohnenkrautarten lieben einen sonnigen Standort ohne Staunässe, die einen starken Einfluss auf die Ausbildung der Inhaltsstoffe hat. Die Heilprakterin Aruna M. Siewert empfiehlt in ihrem Buch »Natürliche Psychopharmaka« für die Ernte von Kräutern prinzipiell einen Zeitpunkt an einem sonnigen Vormittag, wenn die Säfte der Pflanze emporsteigen.
Die Duftstoffe des frischen, blühenden Krauts können über die Nase direkt und ohne Umweg die Sinneszellen erreichen. Sie haben eine stimmungsaufhellende, leicht antidepressive Wirkung. Ein Tee von Bohnenkraut oder zwei bis drei Tropfen des ätherischen Öls auf das Kopfkissen können zur Entspannung des Körpers, zur Öffnung der Lungen sowie zur Klärung des Geistes beitragen.
Bohnenkraut ist deshalb auch Bestandteil von Schlaf- und Nerventeemischungen. Zusammen mit Schafgarbe, Melisse, Lindenblüten, Kamille, Lavendel und Hopfen kann Bohnenkraut stressbedingten Bluthochdruck, Schlafstörungen, Ängste und Übelkeit lindern. Nicht mehr als sieben verschiedene Pflanzen zu mischen, gilt dabei als Faustregel. Die meisten dieser Teemischungen können ergänzend zu chemisch-synthetischen Medikamenten getrunken werden. Ausnahmen sind vor allem Johanniskraut und Mönchspfeffer, welche die Wirkung von Medikamenten (darunter Antibabypille und bestimmte Psychopharmaka) stark herabsetzen oder ihren Abbau in der Leber beschleunigen. Im Zweifelsfall ist ein naturheilkundlich ausgebildeter Arzt zu befragen.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass nach einem Tee weniger unerwünschte Wechselwirkungen auftreten können, als es bei Kapseln (zur Nahrungsergänzung) mit einem hoch dosierten Pflanzenextrakt der Fall wäre. Die verschiedenen Kräutertees haben den Vorteil, dass gleichzeitig viel Flüssigkeit zugeführt wird. Zudem wirken sie basenbildend und tragen dazu bei, Harnsäure sowie überschüssiges Natriumchlorid auszuscheiden. Wenn Gelenkschmerzen durch einen erhöhten Harnsäurespiegel verursacht werden, kann eine Tasse Tee mit Bohnenkraut, gerne gemischt mit Brennnessel und etwas Minze, dreimal täglich getrunken werden.
Die rosa bis helllila gefärbten Blüten des Bohnenkrauts werden gerne von Honigbienen angeflogen.
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Weiterhin ist die Wirkung von Bohnenkraut gegen bakterielle Krankheitserreger und bei Pilzinfektionen bekannt. Inzwischen wurden wissenschaftliche Studien durchgeführt, bei denen das Notfall-Antibiotikum Gentamicin mit dem ätherischen Bohnenkrautöl kombiniert eine erwünschte synergistische (gleichsinnige, verstärkte) Wirkung erzielte. Das könnte auch wichtig sein, damit das nierenschädigende Antibiotikum nur während eines möglichst kurzen Zeitraums verabreicht werden muss. Insbesondere bei einer Infektion mit Eiter verursachenden Bakterien, die gegenüber manchen Antibiotika resistent sind, wie etwa bestimmte Stämme von Staphylococcus aureus, verspricht eine Kombination mit dem ätherischen Öl von Bohnenkraut Erfolg bei künftigen klinischen Studien.
Das hoch konzentrierte ätherische Öl von Bohnenkraut darf nicht in die Augen oder auf Schleimhäute gelangen. Es enthält Rosmarinsäure wie der namensgebende Rosmarin, weiterhin Thymol wie in Thymian, außerdem Pinen, Chlorogensäure sowie antioxidativ wirkende Flavonoide. Die Gesamtheit seiner Inhaltsstoffe trägt dazu bei, schmerzhafte Bauchkrämpfe zu lösen, macht Bohnengerichte leichter verdaulich und verträglich. Es kann ebenfalls die Menstruation fördern und erleichtern, wie das von Rosmarin bekannt ist. In der Schwangerschaft ist daher Vorsicht angeraten. Als mild dosiertes Gewürz ist Bohnenkraut aber unbedenklich. Die frisch geschnittenen Blättchen eignen sich zum Würzen von sommerlichen Salaten.
Kleingärtner werden sich darüber freuen, dass Bohnenkraut nicht von Schnecken gefressen wird. Zum Schluss sei die Anregung der körperlichen Liebe durch das aromatisch-scharfe Kräutlein erwähnt. Bereits in der Antike wurde dieses als Pfefferkraut bezeichnete Gewürz genutzt, zumindest so lange, bis der indische Pfeffer importiert werden konnte. Heute wird seine aphrodisierende Wirkung mit einer Steigerung der Testosteronproduktion bei Männern und Frauen sowie einer verbesserten Durchblutung erklärt. Ein Grund mehr, es im Wonnemonat Mai auf der Fensterbank, vorm Balkon oder im Garten anzupflanzen.
Je einen halben Teelöffel geschnittenes getrocknetes Bohnenkraut, Schafgarbe, Melisse und ein bis zwei Hopfenzapfen mit einem Viertel Liter kochendem Wasser überbrühen, bei geschlossenem Deckel für zehn Minuten ziehen lassen, ein bis zwei Stunden vor dem Schlafengehen trinken. anu
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