Ostbeauftragter versöhnlich

SPD-Politiker distanziert sich von Aussagen seines Amtsvorgängers

  • Max Zeising
  • Lesedauer: 3 Min.

Der neue Ostbeauftragte Carsten Schneider (SPD) hat sich von der Aussage seines Vorgängers Marco Wanderwitz (CDU) distanziert, ein Teil der Ostdeutschen sei »diktatursozialisiert« und auch nach 30 Jahren noch nicht in der Demokratie angekommen. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, »als würde man Leute aufgeben oder beleidigen«, sagte Schneider dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Mit Blick auf die aktuellen Proteste gegen die Corona-Maßnahmen ergänzte der SPD-Politiker, für viele sei »der Gang auf die Straße ihre zentrale politische Ausdrucksweise - eher noch als die Wahl«. Rechtsextremisten versuchten, das zu instrumentalisieren, aber: »Die Mehrheit der einfachen Demonstrationsteilnehmer ist nicht extremistisch.«

Viel Kritik an Wanderwitz aus der CDU

Der Christdemokrat Wanderwitz ist für seine Aussage vielfach gescholten worden, hat aber auch Unterstützung erfahren. Nach der Bundestagswahl war er für das schlechte Abschneiden der CDU mitverantwortlich gemacht und vom Posten des sächsischen Landesgruppenchefs in der Bundestagsfraktion abgesetzt worden. Auf dem CDU-Parteitag am kommenden Wochenende wird er auch nicht wieder für den Bundesvorstand kandidieren. Er ist nur noch Hinterbänkler.

Für die Politik der SPD indes dürfte Ostdeutschland eine zentrale Rolle spielen. Die Sozialdemokraten haben die Bundestagswahl auch deshalb gewonnen, weil sie in den neuen Ländern ganze sieben Prozentpunkte vor der CDU lagen. Zum Vergleich: Im Westen betrug der Vorsprung auf die Unionsparteien nur 0,5 Prozent. Allerdings ist die Parteienbindung im Osten seit jeher nicht so ausgeprägt. Heißt: Will die SPD ihren Erfolg im Osten bestätigen, darf sie sich keine groben Fehler erlauben. Aus Sicht des Ostbeauftragten mag es helfen, die Seelen der Menschen zwischen Kap Arkona und Fichtelberg ein wenig zu streicheln.

Auch Schneider mahnt Landsleute

Jedoch beließ es Schneider nicht dabei, sondern ging mit den Ostdeutschen auch hart ins Gericht. Autoritäre politische Haltungen aus DDR-Zeiten würden bis heute weiterwirken, sagte der Thüringer Sozialdemokrat: »Politische Einstellungen und Haltungen werden oft vererbt und weitergegeben.« Zwar hätten die vielen Menschen, die 1989 auf die Straße gingen, die friedliche Revolution erst möglich gemacht, so Schneider. Aber: »Die demokratische Praxis des Aushandelns von Kompromissen ist ihnen fremd geblieben. Das lässt sich an den Mitgliederzahlen der Parteien ablesen - oder wenn ich in einem Ortsteil einen Bürgermeister suche.« Deshalb wolle er, »dass besonders junge Menschen sich trauen, ihren Blick auf die Welt zu weiten«. Die Westdeutschen forderte Schneider derweil auf, Ostdeutschland offen und neugierig zu begegnen: »Holzschnittartige Bilder wie etwa jene, dass der Osten rechtsextrem sei, passen nicht. In meinem Wahlkreis haben 85 Prozent der Bürger demokratische Parteien gewählt.«

Interessant: Christdemokraten werfen Schneider nun Pauschalisierung vor - ähnlich, wie sie es auch bei ihrem eigenen Mann getan haben. »Es ist nicht seine Aufgabe, über die Menschen in Ostdeutschland pauschale Urteile zu fällen«, kritisierte Unionsfraktionsvize Sepp Müller. Schneider müsse jetzt vielmehr liefern - und sich um einen erfolgreichen Strukturwandel in den Braunkohleregionen und den Kampf gegen den Fachkräftemangel kümmern.

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