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Das Heute im Ring von gestern

Valentin Schwarz will aus Wagners »Ring« eine Art Netflix-Serie machen

Bitte ankreuzen: Ist das ganze Leben ein Quiz oder eine Krankheit, die zum Tode führt, oder eine Netflixserie? Eine Wagner-Oper wohl eher nicht, die ist zu aufwendig. Und doch könnte der »Ring der Nibelungen« eine Mischung aus diesen drei Möglichkeiten sein - glaubt man dem Regisseur Valentin Schwarz, der ihn dieses Jahr im Sommer bei den Bayreuther Festspielen inszenieren soll. Für ihn sind die 15 Stunden, die der »Ring« dauert, eine »hochaktuelle Erzählung« und zwar derart, dass er sie wie eine vierteilige TV-Serie präsentieren will, »in der man die Mitglieder und ungebetenen Gäste einer Großfamilie von Episode zu Episode verfolgt«, sagte Schwarz der dpa.

Der österreichische Opernregisseur, der im April 33 Jahre alt wird, gilt als die junge große Hoffnung in der schon etwas verstaubten, semibourgeoisen Branche, die nach mehr Gegenwärtigkeit, also modernen Event- und Marketingformen, sucht. Schwarz sollte schon 2020 in Bayreuth den »Ring« etwas frischer gestalten, aber dann kam Corona. Er will nun »eine Geschichte von heutigen Menschen, heutigen Figuren, heutigen Problemen erzählen - und keine von Göttern, Zwergen, Riesen und Drachen«. Er möchte, »dass die Leute nach dem ›Rheingold‹ rausgehen und wissen wollen, wie es weitergeht mit den Figuren«.

In der Tat passiert das so bei guten, spannenden Netflixserien wie, sagen wir mal, »Ozark«, »White Lotus« oder »Glória«: Man fragt sich am nächsten Tag unter der Dusche, warum ist der eine nicht mit der anderen fortgefahren, sondern dageblieben, um dann erschossen zu werden? Das setzt allerdings voraus, dass man nicht weiß, wie es weitergeht. Für Adorno bestand der Inhalt von Wagners Überwältigungsmusik darin, »dass die Menschen die eigene Arbeit als heilig verehren, weil sie sie als solche gar nicht erkennen können.« Schwarz aber will, »dass die Leute rausgehen aus der Inszenierungen und sagen: Ich freue mich auf die zweite Staffel«.

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