Migration lässt sich nicht stoppen

Martin Ling über den Beginn des Mauerbaus auf Hispaniola

Die These des dominikanischen Präsidenten Luis Abinader von der Win-win-Situation ist gewagt: »Der Bau dieses intelligenten Grenzzauns wird beiden Ländern zugute kommen, da er eine wesentlich effizientere Kontrolle des bilateralen Handels ermöglichen wird.« Mit diesen Worten gab Abinader den Startschuss zum Bau einer 3,9 Meter hohen Mauer, die künftig die Insel Hispaniola zwischen der reicheren Dominikanischen Republik und dem deutlich ärmeren Haiti teilen soll. Gesichtserkennungssoftware und Drohnen sollen Haitianer*innen vom Weg ins Nachbarland abhalten.

Der Zaun mag intelligent sein, die Idee ist es nicht: Mit Mauern lässt sich Migration nicht aufhalten, sondern nur ihr Preis in die Höhe treiben - inklusive Menschenleben. Fast eine halbe Million Haitianer*innen leben bereits in der Dominikanischen Republik, oft mit prekärem Aufenthaltsstatus und ohnehin am unteren Ende der Wertschöpfungskette.

Die Erfahrung mit Mauern in aller Welt zeigt, dass sie Migration nicht stoppen: Nicht mal das Mittelmeer kann Menschen davon abhalten, Leib und Leben aufs Spiel zu setzen, wenn es zu Hause nichts mehr zu verlieren gibt. Die einzig humane Konsequenz daraus läge darin, legale Fluchtwege und Kontingente für Migrant*innen zu schaffen. Und das weltweit.

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