China sortiert sich außenpolitisch neu

Ukraine-Krieg führt zur Entstehung neuer Machtachsen

  • Ramon Schack
  • Lesedauer: 3 Min.

Die endgültige Abkehr Wladimir Putins vom Westen schließt eine Entwicklung ab, die schon seit Jahren im Gange ist. In den vergangenen Tagen und Wochen erfuhr diese Tendenz aber eine beschleunigte historische Entwicklung. Von Peking wird sie eher als Chance interpretiert, trotz der vorhandenen Risiken. In einer Unterredung mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte sich der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping erneut zurückhaltend. Das chinesische Außenministerium ließ verlautbaren, basierend auf dem Gespräch der drei Spitzenpolitiker, dass China »über den erneuten Ausbruch eines Krieges auf dem europäischen Kontinent tief betrübt« sei.

Zu Beginn seiner Amtszeit wurde Putin im Westen, wie auch in Russland selbst, als »Westler« definiert, wobei dieser Begriff aus russischer Geschichtsperspektive zu verstehen ist. Inzwischen favorisiert der russische Präsident eine eurasische Zukunftsperspektive.

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Galt bis Mitte der Nuller Jahre noch der Aufstieg der Volksrepublik China - neben der Nato-Osterweiterung - in Moskau als große strategische Gefahr, übt man inzwischen einen engen Schulterschluss mit Peking. Unmittelbar vor seinem Besuch in der chinesischen Hauptstadt im Februar dieses Jahres ließ Putin dies in der staatlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua im Rahmen eines Gastbeitrages verlautbaren, indem er »eine zukunftsorientierte strategische Partnerschaft« rühmte, die nun begonnen habe.

In der Volksrepublik begünstigt diese geopolitische Neuorientierung Moskaus die eigenen außenpolitischen Ambitionen und Zielsetzungen. Im Rahmen seiner jährlichen Pressekonferenz am Rande des Volkskongresses ließ der chinesische Außenminister Wang Yi verlautbaren: China und Russland sind enge Partner, sie werden auch in Zukunft zusammenhalten. Die Volksrepublik reagiert dabei auf die in den vergangenen Jahren wachsende Frontstellung Washingtons gegen Peking, welche auf der Umsetzung der Eurasien-Strategie basiert. Diese Strategie, so gestand es der Stratege und US-Sicherheitsberater Zbigniew Kazimierz Brzezinski in seinem 1997 erschienenen Buch »The Grand Chessboard« freimütig ein, diene dazu, dass »kein Staat oder eine Kombination von Staaten die Fähigkeit erlangt, die USA aus Eurasien zu vertreiben«.

In Peking hat man in den vergangenen Jahren sehr genau registriert und analysiert, dass alle groß angelegten strategischen Entwürfe des Westens gescheitert sind. Vom »Krieg gegen den Terror«, über die » Flucht aus Afghanistan« bis hin zur Ausdehnung der Nato auf die Ukraine, welche sich spätestens mit dem russischen Einmarsch in der Ukraine erledigt haben dürfte.

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von Ramon Schack

Die außenpolitische Denkschule orientiert sich hierbei zunehmend an den Theorien von Fang Ning, einem der führenden politischen Theoretiker Chinas, der schon 1999 in seinem nationalistischen Bestseller »Der Weg Chinas im Schatten der Globalisierung« analysierte, dass bei genauer Betrachtung auffällt, dass seit dem Triumph der Alliierten über Deutschland und Japan kein einziger Krieg mehr von den USA nachhaltig gewonnen wurde. Ganz von den konventionellen Großeinsätzen in Korea und Vietnam abgesehen, so gab es nirgendwo, nicht einmal bei den Scharmützeln von Somalia, beim gescheiterten Blue-Strike-Unternehmen im Iran, beim Einsatz der Contras in Nicaragua, vom Debakel Kennedys in der Schweinebucht ganz abgesehen, einen Sieg zu vermelden. Im Südlibanon, im Irak, in Afghanistan hat sich längst bestätigt, dass die konventionelle Kriegsführung der Nato-Stäbe, aber auch Russlands und Israels, mit der Abnutzungsstrategie, die den Kern des asymmetrischen Krieges bildet, nicht zurechtkommt, so der Politologe und außenpolitischer Vordenker Pekings.

Die Bande zu Moskau sei eine der wichtigsten bilateralen Beziehungen weltweit und die Freundschaft beider Völker unanfechtbar, erklärte Außenminister Wang Yi. Russland bleibt ungeachtet des Ukraine-Krieges der wichtigste strategische Partner.

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