Lasst uns in Frieden (17): Krieg als Arbeit

Soldaten töten, sie machen die Drecksarbeit des Staates

  • Michael Bittner
  • Lesedauer: 3 Min.

Es gibt viele Gründe, gegen Krieg zu sein. Ein für mich besonders überzeugender: Er macht Arbeit. Und es ist sogar zumeist ziemlich öde und schmutzige Arbeit, die von Soldaten getan werden muss. Unablässig haben sie ihre Stuben zu fegen, ihre Stiefel zu putzen, ihre Betten zu bauen.

Soldaten müssen ohne ersichtlichen Grund Maschinenpistolen auseinandernehmen und wieder zusammensetzen, Löcher im Wald graben und anschließend wieder zuschütten, im Laufschritt auf Betonplätzen eine Runde nach der anderen drehen. Dabei hapert es mit dem Arbeitsschutz. Zwar tragen sie Helme wie Bauarbeiter, aber so ein Helm nützt nichts, wenn man beim Manöver von einem betrunkenen Panzerfahrer einfach überrollt wird.

Die Arbeitszeiten sind auch miserabel: Von einem geregelten Achtstundentag können Soldaten nur träumen, manchmal werden sie sogar mitten in der Nacht aus dem Bett geholt und 20 Kilometer durch die Kälte gejagt, die Gasmaske über dem schwitzenden Gesicht. Bei alledem müssen sie vor den strengsten und mächtigsten Bossen kuschen, die es gibt.

Die Chefs der Soldaten brüllen nicht nur ab und zu einmal wie normale Bosse, sondern ständig. Und diese Vorgesetzten dürfen ihren Angestellten bei mangelhaften Leistungen zur Strafe Liegestütze befehlen - etwas, das selbst bei Amazon eher unüblich ist. Kündigen können Soldaten auch nicht so einfach, wenn sie sich einmal zum Dienst verpflichtet haben. Nicht einmal Streiks sind erlaubt, bei Arbeitsverweigerung sperrt man sie ins Gefängnis.

Die Männer, die freiwillig Soldaten werden, glauben wohl meistens, die Arbeit in der Kaserne sei zwar langweilig, aber im echten Einsatz werde es dann doch noch spannend. Sie ergreifen ihren Beruf in dem Glauben, sie könnten der gewöhnlichen Arbeit entgehen und sich heldischen Abenteuern hingeben. Tatsächlich enden aber auch sie, wie ihr Name schon verrät, als Leute, die besoldet werden, so ähnlich wie Beamte, nur dass der Schützengraben weniger bequem ist als das klimatisierte Büro.

Sie sind abhängig Beschäftigte, auch wenn ihr Sold nicht Lohn oder Gehalt heißt. Sie machen die Drecksarbeit des Staates. Sie üben das Handwerk des Tötens aus. Ihre Werkzeuge heißen Waffen. Soldaten ähneln den ebenfalls vom Staat bezahlten Henkern, die - nach den Worten Georg Büchners - in Menschenfleisch arbeiten.

Auch auf dem Schlachtfeld geht es wie bei allen Geschäften um den Sieg in unerbittlichem Wettbewerb, nur dass im Krieg wenigstens nicht so getan wird, als wäre die Konkurrenz nicht mörderisch. Immerhin ehrlich ist er in gewisser Weise, der Krieg: Er macht offenbar, dass es im Kapitalismus immer Menschen geben muss, die sich zu Tode arbeiten. Mit Faulenzern und Müßiggängern hingegen ist kein Endsieg zu machen. Sie schlafen gerne aus, liegen herum, statt strammzustehen, und machen nicht Geländegewinne, sondern Liebe. Sie sind deswegen die heldenhaftesten Botschafter des ewigen Friedens.

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