Wechsel ins Diplomatenfach

Der langjährige Regierungssprecher Steffen Seibert wird deutscher Botschafter in Israel

Steffen Seibert dürfte schon im Dezember gar nicht so unglücklich über seine Ablösung als Sprecher der Bundesregierung nach mehr als elf Jahren in diesem Amt gewesen sein. Zuvor hatte er schon seit 2015 zwei- bis dreimal wöchentlich in der Bundespressekonferenz die bohrenden Fragen des Journalisten und YouTubers Thilo Jung etwa zum Umgang der Regierung mit Neonazis in Behörden ertragen müssen - oder zu ihrer Weigerung, sich für den im Londoner Hochsicherheitsgefängnis inhaftierten Whistleblower Julian Assange einzusetzen, oder auch zur Flüchtlingsabwehr der EU. Später fand Jung Nachahmer, was Seibert und seinen Stellvertretenden die Nichtbeantwortung von Fragen in der einst so entspannt-verschnarchten Veranstaltung nicht leichter machte. Dem Ex-Journalisten war der Frust über die Situation oft anzusehen. Mit säuerlicher Miene verwies er bei Nachfragen stets auf seine vorangegangene Aussage, dass er hierzu nichts sagen könne bzw. schon alles gesagt habe.

Jetzt wechselt der 61-Jährige, der vor seiner Zeit als Sprachrohr (»ich als Bundesregierung«) sieben Jahre lang das »Heute-Journal« im ZDF moderiert hatte, ins diplomatische Fach. Wie am Donnerstag zunächst die »Süddeutsche Zeitung« berichtete, wird er Botschafter in Israel, was die Regierung später gegenüber der Nachrichtenagentur dpa bestätigte. Laut »SZ« soll Kanzler Olaf Scholz seiner Vorgängerin Angela Merkel eine solche »Verwendung« ihres Verbindungsmannes zu den Medien zugesagt haben.

Der Posten bringt im Alltag weniger öffentliche Auftritte, aber das Renommee ist nicht unerheblich. Und er ist gut dotiert. In der Beamtenbesoldungsgruppe B9 kommt Seibert auf Bezüge von gut 16 000 Euro monatlich inklusive der Auslandszuschläge.

In Tel Aviv dürften Seibert seine Fähigkeiten im Verklausulieren und Camouflieren harter Fakten zugutekommen. Zudem dürfte er von seinen Erfahrungen als Auslandskorrespondent des ZDF seit Anfang der 1990er Jahre und seinen Studienabschlüssen in Geschichte, Literaturwissenschaften und Öffentlichem Recht profitieren. Da ist wohl unerheblich, dass er keine klassische diplomatische Laufbahn absolviert hat. Der Ernennung muss noch die israelische Regierung zustimmen, was aber als Formalie gilt. Jana Frielinghaus

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