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Verfestigte Ungleichheit
Die Lohnlücke zwischen Ost und West schließt sich nicht
Der sogenannte Gender Pay Gap ist in aller Munde: Frauen verdienen in der Bundesrepublik pro Stunde im Schnitt immer noch 18 Prozent weniger als Männer. Eine andere Lohnlücke wird nur durch die Linksfraktion im Bundestag thematisiert: die zwischen Ost- und Westdeutschland. Und die ist nicht weniger skandalös als die zwischen den Geschlechtern. Denn wir befinden uns im Jahr 32 nach Vollzug der sogenannten deutschen Einheit.
Auf Anfrage des Abgeordneten Sören Pellmann teilte die Bundesregierung jetzt mit, dass der durchschnittliche Stundenlohn Ost 2021 um 5,90 Euro unter dem in Westdeutschland lag. Das entspricht einer Differenz von satten 22 Prozent. Verringert hat sich die Lücke im Vergleich zum Vorjahr gerade mal um acht Cent. Dabei fordern die Gewerkschaften seit Jahrzehnten gleichen Lohn für gleiche Arbeit in Ost und West. Dass sich die Lücke in den letzten Jahren überhaupt verringert hat, dürfte zum allergrößten Teil auf die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns 2015 zurückzuführen sein. Denn die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften ist im wirtschaftlich kleinteilig strukturierten Osten gering. Was wiederum Folge der vom bundesdeutschen Staat forcierten Deindustrialisierung des Ostens ist.
Die war keineswegs alternativlos. Vielmehr wollten westdeutsche Unternehmen auch präventiv Konkurrenten auf einem neuen Absatzmarkt ausschalten, Bonner Beamte waren ihnen dabei zu Diensten. Das ist eine Tatsache, da mögen auch ostdeutsche Politikerinnen und Politiker, die damals noch kleine Kinder waren, von der maroden DDR-Wirtschaft einerseits und angeblich geringeren Lebenshaltungskosten im Osten andererseits schwadronieren, so viel sie wollen.
Viele Ostdeutsche fühlen sich angesichts der Entgeltungleichheit zu Recht weiter als Lohnabhängige zweiter Klasse. Den Frauen im Osten bleibt wenigstens ein Trost: Der Unterschied zwischen den Geschlechtern bei der Bezahlung ist hier bis heute marginal.
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