- Politik
- Klimazukunft
Wenn es schneller zu warm wird
Weltmeteorologieorganisation sieht erhöhte Wahrscheinlichkeit für ein Plus von 1,5 Grad bis 2026
Die Klimakatastrophe kommt schneller als gedacht. Die Weltmeteorologieorganisation hat gewarnt, dass schon bis 2026 pro Jahr durchschnittlich 1,5 Grad mehr gemessen werden könnten. Müssen wir jetzt alle Angst haben?
Richtig wohl kann einem dabei nicht sein. Wetterextreme sind ja in den letzten Jahren ohnehin schon etwas häufiger aufgetreten. Also letztes Jahr hatten wir an einigen Stellen auch bei uns in Deutschland mehr Nass, als gesund ist. Und davor viel weniger Wasser, dass es selbst durch die teilweise heftigen Niederschläge des vergangenen Jahres nicht wirklich ausgeglichen werden konnte. Doch ganz so drastisch, wie du es jetzt zusammengefasst hast, haben die Meteorologen das nicht formuliert. Sie geben an, dass bis 2026 die Wahrscheinlichkeit, dass ein einzelnes Jahr im Durchschnitt die 1,5 Grad über dem vorindustriellen Level erreicht, auf fast 50 Prozent gestiegen ist.
Hatte man nicht ursprünglich viel später mit diesem Wert gerechnet?
Das ist ein höherer Wert als bei früheren Berechnungen. Andererseits ist es natürlich wie bei all diesen Geschichten: Es sind Modellrechnungen. Es kann also sein, dass es nicht ganz so krass wird. Es kann aber ebenso sein, dass ein Faktor in der Rechnung nicht berücksichtigt wurde, der die Sache noch viel krasser macht.
Politisches Ziel war mal, bis Ende des Jahrhunderts global nicht mehr als 1,5 Grad wärmer zu werden. Was ist damit?
Ich glaube, da sieht es insgesamt inzwischen ziemlich schlecht aus. Das hat schon vor ein paar Jahren eine Untersuchung von Wissenschaftlern von der ETH Zürich gezeigt – mit einer konservativen Rechnung bis 2050, das wäre die Halbzeit des Jahrhunderts. Die hatte gezeigt, wie sich in Großstädten mit der Klimaerwärmung die Lebensbedingungen ändern. Dann hätte Madrid, das im Sommer schon jetzt sehr heiß ist, das Klima wie etwa heute Marrakesch in Marokko und London das heutige von Barcelona.
Und in Berlin würde es dann auch wie in Barcelona?
Naja, vielleicht nicht ganz so, wir sind ja weiter weg vom Meer. Wir werden also auf jeden Fall nicht so viel feuchte Wärme bekommen. Aber im Gesamtmaßstab wird’s schwierig. Im »New Scientist« hatten sie vor reichlich zehn Jahren mal eine Weltkarte für die Situation nach einer Erwärmung um vier Grad bis zum Ende des Jahrhunderts. Da war im Prinzip ganz Europa südlich der Alpen nur noch sehr begrenzt bewohnbar, Asien und die heutigen USA zu weiten Teilen auch nicht.
Wo kann man dann überhaupt noch wohnen?
In Sibirien und in Skandinavien und interessanterweise auch in Großbritannien, bis auf die Küstenregionen. Denn bei vier Grad wärmer gibt es ein nennenswertes Abschmelzen von Gletschern, auch an den Polen. Und das heißt, der Meeresspiegel steigt.
Aber der deutsche Wald ist derzeit so trocken, dass es staubt.
Noch ist er wenigstens da. Und die vorherrschenden Baum-Monokulturen werden so langsam abgeschafft. Wenn wir unsere Bäume behalten wollen, müssen wir auch da auf mehr Diversität setzen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.