Schweden und Finnland bald Nato-Länder

Nach Erfüllung ihrer Forderungen verzichtet Türkei auf Veto gegen Beitritt nordischer Länder

Die USA werden ihre Militärpräsenz in Europa ausbauen. Dies kündigte US-Präsident Joe Biden am Mittwoch zum Auftakt des Nato-Gipfels in Madrid an. Die neuen Truppen sollen erstmals dauerhaft an der Ostflanke der Allianz stationiert werden. Biden erklärte: »Gemeinsam mit unseren Verbündeten werden wir dafür sorgen, dass die Nato in der Lage ist, Bedrohungen aus allen Richtungen und in allen Bereichen – zu Lande, in der Luft und auf See – zu begegnen.« Nach Russlands Angriff auf die Ukraine haben die USA die Zahl ihrer Soldaten in Europa bereits um rund 20 000 auf mehr als 100 000 erhöht.

Bereits vor Beginn des Gipfels hatte die Türkei nach einer Vereinbarung mit Schweden und Finnland ihren Widerstand gegen deren Beitritt zum Nordatlantikpakt aufgegeben. Die nordischen Länder sichern darin zu, Ankaras Forderungen zu erfüllen. Kurdische Organisationen in der Türkei und Syrien wollen sie künftig als terroristisch behandeln, die geheimdienstliche Kooperation ausbauen, die Auslieferung politischer Flüchtlinge an türkische Behörden prüfen und die Türkei nicht länger von Waffenexporten ausnehmen. Noch während des Nato-Gipfels präsentierte die Türkei eine Liste von 33 »Terrorverdächtigen«, die Schweden und Finnland ausliefern sollen. Neben angeblichen PKK-Mitgliedern stehen darauf auch Anhänger des islamischen Predigers Fethullah Gülen, dem der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan den Putschversuch von 2016 zuschreibt.

Der US-Präsident gratulierte der Türkei, Schweden und Finnland zu ihrem Deal. Biden sagte: »Putin wollte die Finnlandisierung Europas. Er wird die Natoisierung Europas bekommen.« Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der an den Verhandlungen mitgewirkt hatte, geht von einer zügigen Ratifizierung von Schwedens und Finnlands Mitgliedschaft durch die 30 Parlamente der Mitgliedsstaaten des Pakts aus. In Madrid hob er hervor, dass das neue Strategische Konzept der Allianz deutlich machen werde, »dass Russland eine direkte Bedrohung für unsere Sicherheit darstellt«. Der russische Vize-Außenminister Sergej Rjabkow bezeichnete nach Agenturberichten die Erweiterung der Nato um Finnland und Schweden als »rein destabilisierenden Faktor in den internationalen Angelegenheiten«.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) twitterte, er freue sich »sehr über den anstehenden Nato-Beitritt von Schweden und Finnland«. Sevim Dağdelen, außenpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Bundestag, kritisierte hingegen in einer Erklärung die Zugeständnisse an Erdoğan als »schäbigen Verrat an kurdischen Oppositionellen und anderen Schutzsuchenden«. Die Nato-Norderweiterung mache »Europa nicht sicherer, aber den türkischen Autokraten Erdoğan stärker«, erklärte Dağdelen. Diese verstärke den »Konfrontationskurs des Militärpakts gegen Russland«. Statt des neuen Wettrüstens brauche es »endlich eine diplomatische Offensive für einen Verhandlungsfrieden in der Ukraine«.

Seiten 2 und 8

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