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Lippenbekenntnis zur Abrüstung
Außenministerin Annalena Baerbock ruft in Japan zu einer Welt ohne Atomwaffen auf
Wer bei Verbündeten zu Besuch ist und sich dabei etwas Zeit nimmt, der kommt nicht an den nationalen Denkmälern oder Trauerstätten der Gastgeber vorbei. Das galt auch für Außenministerin Annalena Baerbock, die sich in Japan aufhielt. Die Grünen-Politikerin war am Sonntag im Atombombenmuseum der Stadt Nagasaki. »Nagasaki ist so wie Hiroshima für uns auch heute ein Mahnmal dafür, dass wir alle gemeinsam an einer Welt ohne Atomwaffen arbeiten müssen – auch wenn es ein langer, harter Weg wird«, verkündete Baerbock im Kurznachrichtendienst Twitter. Die US-Streitkräfte hatten am 6. und 9. August 1945 über Hiroshima und Nagasaki Atombomben abgeworfen. Beide Städte wurden zerstört und etwa 214 000 Menschen getötet.
Trotzdem wird in Japan seit dem russischen Angriff auf die Ukraine darüber diskutiert, ob das Land nicht doch Atomwaffen auf dem eigenen Staatsgebiet zulassen sollte. Der kürzlich ermordete Ex-Premier Shinzo Abe hatte sich offen für die Stationierung von US-Atomwaffen gezeigt. Der derzeitige Regierungschef Fumio Kishida ist bislang dagegen. Allerdings verlässt sich Japan auf die Abschreckung durch den US-Nuklearschirm. Zudem sind in Japan ungefähr 55 000 US-Soldaten stationiert.
Auch die Aussagen von Baerbock werfen Fragen auf, wenn man bedenkt, dass noch US-Atomwaffen in der Eifel lagern. Zudem hatte die Bundesregierung im März erklärt, die Luftwaffe mit F-35-Tarnkappenjets ausrüsten zu wollen. Die Maschinen des Herstellers Lockheed Martin werden auch für die sogenannte nukleare Teilhabe Deutschlands gekauft, ein Abschreckungskonzept der Nato, bei dem Verbündete Zugriff auf US-Atombomben haben.
Am Montag traf sich Baerbock mit ihrem japanischen Amtskollegen Yoshimasa Hayashi in Tokio. In dem Gespräch ging es vor allem um China. Baerbock bezeichnete das Auftreten der Chinesen gegenüber Taiwan sowie im ost- und südchinesischen Raum als eine Herausforderung für die weltweite Friedensordnung. Mit Blick auf Chinas Territorialansprüche im Südchinesischen Meer ergänzte sie: »Immer wieder wird demonstriert, dass, wenn es um eigene Interessen geht, Regeln nicht unbedingt zu gelten haben.« Dies gefährde »die Grundlage für unser gemeinsames, friedliches Leben«. Das betreffe einerseits militärische Fragen, so Baerbock. Besondere Herausforderung sei aber, »dass Angriffe der Zukunft nicht nur mit Panzern und Bomben geführt werden können, sondern gerade auch mit wirtschaftlichen Mitteln«. Deswegen sei die Frage wirtschaftlicher Sicherheit eine zentrale Zukunftsfrage.
China und die Vereinigten Staaten werfen sich immer wieder gegenseitig militärische Provokationen im Südchinesischen Meer vor. Auch die Bundeswehr mischt in der Region mit und nimmt in diesem Jahr an Militärmanövern der USA und ihrer Verbündeten teil. Im neuen Strategischen Konzept der Nato wird China als »systemische Herausforderung« eingestuft.
Am Montagnachmittag besuchte Baerbock einen japanischen Flottenstützpunkt. Außerdem war eine Visite des Stützpunktes der 7. US-Flotte in Yokosuka geplant. Dort kann man sich noch gut an den jüngsten deutschen Besuch erinnern. Ende vergangenen Jahres hatte erstmals seit rund 20 Jahren ein deutsches Marineschiff in Japan angelegt. Die Fregatte »Bayern« steuerte im November auch den Hafen von Yokosuka an. Sie sollte sich während der siebenmonatigen Übungsreise auch an der Überwachung der UN-Sanktionen gegen Nordkorea beteiligen. Auf dem Rückweg fuhr sie durch das Südchinesische Meer. An der Seite der US-Amerikaner und weiterer Partner in der Region übte das deutsche Marineschiff Seegefechte. Die Aktion richtete sich gegen China. Im Februar kehrte die »Bayern« nach Wilhelmshaven zurück.
Nach einem Bericht des Portals German Foreign Policy hat der deutsche Marineinspekteur Jan Christian Kaack erklärt, dass spätestens 2024 ein kleiner Marineverband »mit eingeschifftem Stab« erneut in den Pazifik aufbrechen werde. Dabei war es auf dem Meer zu Konflikten gekommen. Die »Bayern« sei von chinesischen Fischerbooten zeitweise bedrängt und mit Scheinwerfern angestrahltworden, um ihren Protest auszudrücken, so das Portal.
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