Ein Schritt voran gegen die Not in der Pflege

Ulrike Henning über die Streiks in Nordrhein-Westfalen

In einem Entlastungstarifvertrag geht es nicht um Gehälter und Urlaubstage, sondern um konkrete Regelungen für den Fall, dass zu wenig Personal da ist. Über ein Punktesystem müssen dann zusätzliche freie Tage gewährt werden. Jetzt wurde so ein Vertrag erstmals »für die Fläche« errungen, nämlich für die Universitätskliniken in Nordrhein-Westfalen. Zuvor hatten bereits Pflegekräfte der Charité und des Vivantes-Konzerns in Berlin erfolgreich für ein solches Regelwerk gekämpft.

Offenbar gilt, dass hier nur mit besonderer Entschlossenheit ein Ergebnis für die Beschäftigten zu erzielen ist. Besonders unterirdisch fielen im Verlauf des 77 Tage währenden Streiks in Nordrhein-Westfalen manche Kommentare aus dem ärztlichen Management aus. Während Mediziner an Kliniken zwar schon reihenweise zu der Erkenntnis gekommen sind, dass ihre Arbeit ohne die Pflege (und viele andere Berufsgruppen) kaum funktionieren würde, gab es immer wieder Abwertung für die Ausdauer und Hartnäckigkeit der Streikenden.

Tricksen und Täuschen war auch seitens der Arbeitgeberseite angesagt: Vor allem die schwarz-grüne Landesregierung, in dieser Konstellation neu im Amt, konnte nun nicht mehr hinter Versprechungen aus dem Wahlkampf zurückfallen. Versucht wurde es trotzdem, aber siehe da, es gibt legale Wege, das Bollwerk der Tarifgemeinschaft der Länder zu umgehen. Am Ende kommen Erleichterung und Zustimmung nicht nur von den Gewerkschaften. Sogar Klinikvertreter sprechen von einer Zeitenwende. Niemand sollte vergessen: Pflege in Not gibt es auch außerhalb der NRW-Unikliniken. Dieser Streik war erst ein Anfang.

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