- Kommentare
- EU-Schuldenregeln
Lindner zündelt in der Krise
Der Bundesfinanzminister will EU-Länder zum Schuldenabbau zwingen
Manchmal fragt man sich, wie Bundesfinanzminister Christian Lindner auf seine Ideen kommt. Nun fordert er mitten in der Krise verbindliche Regeln für die EU-Länder zum Schuldenabbau. Das hat mit ökonomischer Vernunft nichts zu tun, dafür ist es aber brandgefährlich.
Schon länger behauptet Lindner, dass der Staat die Inflation weiter anheizt, wenn er nicht spart. Dass dies nicht stimmt, zeigen Maßnahmen wie das 9-Euro-Ticket, die die Inflation hierzulande erfolgreich gedämpft haben. Dafür muss der Staat aber Geld in die Hand nehmen. Zudem muss er die Menschen in Zeiten hoher Inflation auch anderweitig entlasten. Und dafür sind wieder Finanzmittel notwendig. Dies ist übrigens nicht allein aus sozialen, sondern auch aus ökonomischen Gründen notwendig.
Denn fast noch gefährlicher als die Folgen der derzeitigen Kostenexplosion ist, was Lindner auslösen wird, wenn er in der gegenwärtigen Situation mit dem Sparen anfängt: eine handfeste Rezession. Dass das Sparen in Krisenzeiten die Krise nicht auflöst, sondern noch verschlimmert, zeigen zahlreiche historische Beispiele. Das jüngste, die Eurokrise, ist erst knapp ein Jahrzehnt her. Die Sparauflagen, die Ländern wie Griechenland – auch aufgrund von Druck aus Deutschland – auferlegt wurden, stießen sie in eine tiefe Rezession mit massiven sozialen Folgen. In Griechenland etwa war zeitweilig über ein Viertel der Bevölkerung im erwerbstätigen Alter ohne Lohn und Brot. Und auch jetzt ist die Arbeitslosenquote fast doppelt so hoch wie der Eurozonen-Durchschnitt.
Lindner zündelt also, wenn er die EU-Länder mitten in der Krise zum Schuldenabbau verpflichten will. Es ist Zeit, ihm die Streichhölzer wegzunehmen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.