Politischer Wille zum Wahnsinn

Die immer weiter steigenden Bodenpreise sind Ausdruck der vollkommenen Entgrenzung des Immobilienmarktes

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

»Uns graut vor der Veröffentlichung des nächsten Mietspiegels«, sagt Reiner Wild, der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins angesichts der Veröffentlichung des Immobilienmarktberichts des Gutachterausschusses für die Hauptstadt. Recht hat er.

Die scheinbar ungebremst steigenden Bodenpreise sind aber nicht das Ergebnis irgendeiner Naturgewalt, sondern politischen Handelns und Nichthandelns: Das Ende der Wohnungsgemeinnützigkeit unter Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU), die Finanzmarktliberalisierung unter seinem Nachfolger Gerhard Schröder (SPD) und die anschließende weitgehende Untätigkeit unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Auch mit Zutun oder Unterlassen der Koalitionspartner, zu denen auch Grüne und FDP gehörten, wurde das Immobilieninvestoren-Paradies Deutschland geschaffen.

Statt den Bodenmarkt viel stärker zu regulieren, denn immerhin ist dieses Gut nicht vermehrbar, wurden und werden immer weiter steigende Milliardensummen an Steuergeldern aufgewandt, mit denen der Mietenwahnsinn und die daraus resultierenden Gewinne finanziert werden. Die nächste Wohngeldreform ist bereits angekündigt.

Der Versuch der Berliner Landesregierung, in Notwehr gegen die Untätigkeit des Bundes einen Mietendeckel in der Hauptstadt einzuführen, ist wegen angeblicher Nichtzuständigkeit vom Bundesverfassungsgericht brutal ausgebremst worden. Die Richter hätten auch anders entscheiden können.

Eigentlich hätte Berlin beim Bodenrecht ansetzen müssen, doch dieser Gesetzesbereich liegt leider so glasklar in Bundeskompetenz, dass das komplett aussichtslos war.

Es ist schon sehr lange bekannt, dass der Bodenpreis der Grund des Wahnsinns ist. Den letzten ernsthaften Versuch, auf Bundesebene dort etwas zu unternehmen, hat Hans-Jochen Vogel (SPD) als Bauminister in den 1970er Jahren unternommen. Bereits damals war der Widerstand zu groß. Und das, obwohl sogar die FDP in ihren Freiburger Thesen von 1971 eine soziale Regulierung des Bodenmarktes forderte.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -