- Politik
- Sozialproteste im Herbst
Linke kommt langsam in die Gänge
Parteichefin präsentiert Kampagne für "heißen Herbst gegen soziale Kälte"
Man könnte meinen, dass die SPD der Linken den Wind aus den Segeln nehmen wollte, indem sie just am Montag ihren Maßnahmenkatalog zur Entlastung der Bürger veröffentlichte. Doch Linke-Chefin Janine Wissler bleibt dabei: Es brauche einen „heißen Herbst gegen soziale Kälte».
Bei der Vorstellung der Sozialkampagne ihrer Partei in Berlin verwies Wissler darauf, dass die Sozialdemokraten ihre Ideen erst einmal innerhalb der Ampelkoalition durchsetzen müsse. Die „Kanzlerpartei» sei in der Pflicht, den Worten Taten folgen zu lassen. Gleichwohl begrüße sie es, dass diese nun Forderungen der Linken wie die nach einer Übergewinnsteuer aufgreife. Dass sie das tue, sei aber auch darauf zurückzuführen, dass es „breite Kritik von Gewerkschaften, Sozialverbänden, Tafeln und der Linken» an der Sozialpolitik der Ampel gebe.
Der linke Protest sei zugleich „kein Selbstzweck», versicherte die Linke-Vorsitzende. Vielmehr gehe es darum, „die Situation zu ändern, dass 14 Millionen Menschen in diesem reichen Land in Armut leben».
Den „heißen Herbst» hatten die Linke-Vorsitzenden Wissler und Martin Schirdewan bereits in einem am 12. Juli veröffentlichten Strategiepapier angekündigt und die damit verbundenen politischen Forderungen vorgestellt. Seither sei die Partei mit der Vorbereitung und Organisation von Demonstrationen, „Lärm- und Kochtopfaktionen» beschäftigt, sagte Wissler am Montag. Der im Juni auf dem Bundesparteitag gewählte Bundesgeschäftsführer Tobias Bank koordiniere die Proteste in Abstimmung mit Landes- und Kreisverbänden. Vor Ort arbeite man mit Gewerkschaften und Sozialverbänden sowie mit der bundesweiten Initiative „Ich bin armutsbetroffen» zusammen.
Erste Aktionen wird es bereits diese Woche geben. Wissler kündigte an, sie selbst werde an diesem Dienstag auf einer Kundgebung im brandenburgischen Frankfurt/Oder zu sprechen. Einen bundesweiten Aktionstag soll es am 17. September, einem Samstag, geben. Die von dem Linke-Bundestagsabgeordneten Sören Pellmann für den 5. September angemeldete Montagsdemo in Leipzig unterstütze man, erklärte Wissler.
Mit Blick auf Kritik, man dürfe nicht einen seit langem von Rechten vereinnahmten besetzten Begriff und Wochentag nutzen, sagte die Parteichefin: „Für mich ist weniger entscheidend, an welchem Wochentag demonstriert wird, sondern unter welchen Überschriften.» Sie verwies zudem auf progressive Montagsdemonstrationen wie die Hartz-IV-Proteste 2004. Zugleich werde man sich zugleich scharf von Rechten abgrenzen, versicherte Wissler: »Wir sind uns der Gefahr von rechts bewusst, aber wir sehen uns auch in der Verantwortung, das Feld beim Protest nicht AfD und Co zu überlassen.« Während Die Linke Kritik an der Regierungspolitik mit substanziellen sozialen Forderungen untersetze, habe die Rechte „keine Lösungsvorschläge, wie sie die Situation der Ärmeren verbessern würde», instrumentalisiere aber Sorgen und Unmut der Menschen.
Die Linke will bei ihren Protesten eine Reihe von Forderungen stark machen. So sollen Personen mit kleinen und mittleren Einkommen monatlich 125 Euro an Krisenunterstützungsleistungen erhalten. Für jede weitere Person in einem Haushalt soll es 50 Euro monatlich geben. Die Kosten dafür bezifferte Wissler auf 20 bis 25 Milliarden Euro in diesem Herbst. Zur Finanzierung schlägt die Linke eine Übergewinnsteuer vor: Schöpfe man außerordentliche Gewinne – gemessen an den vergangenen drei Jahren – um bis zu 90 Prozent ab, brächte dies dem Staat 100 Milliarden Euro pro Jahr, sagte Wissler unter Berufung auf eine kürzlich veröffentlichte Studie der parteinahen Rosa-Luxemburg-Stiftung. Darüber hinaus wolle man die von der Ampelkoalition geplante Gasumlage stoppen, das 9-Euro-Ticket bis auf weiteres fortführen und die Erneuerbaren Energien beschleunigt ausbauen, um die Abhängigkeit von Kohle, Gas und Öl zu reduzieren, sagte Wissler.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.