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Washingtons Taiwan-Theater
Der Westen missbraucht die Insel für seine geopolitischen Interessen in Asien, meint Wolfram Adolphi.
Die Welt brennt für Millionen und Abermillionen Menschen lichterloh. Zum Beispiel in »vergessenen« Kriegen wie im Jemen, in Syrien, Mali und den türkisch-syrisch-irakischen Regionen der Kurdinnen und Kurden. Ebenfalls im vom Westen mit Krieg überzogenen Afghanistan und im allgegenwärtigen Krieg in der Ukraine. Es brennt aber auch dort, wo der Klimawandel mit voller Wucht zuschlägt: Aktuell in Pakistan, wo unvorstellbare Wasserfluten 25 Millionen Menschen unmittelbar ihrer Existenz berauben.
Tausend Gründe, alle nur denkbare Kraft auf die Herstellung des Friedens und die Bewältigung des Klimawandels zu konzentrieren. Konferenzen der Vereinten Nationen zur kollektiven Sicherheit, zum Klimaschutz und zur Welternährung müssten nicht irgendwann, sondern jetzt und dauerhaft und mit ernsthafter Teilnahme aller Staaten stattfinden, allseitige Abrüstung eine der heiligsten Aufgaben sein.
Aber die USA, Monopolist in der Festlegung dessen, was »der Westen« vorrangig zu tun hat, meinen, dass man diese hochbrisante Weltlage nicht etwa entspannen, sondern immer nur weiter Öl ins Feuer gießen sollte. Wozu sich – meinen sie – die Taiwan-Frage besonders gut eignet. Taiwan liegt weit genug weg vom eigenen Territorium, Washington kann andere für sich kämpfen und streiten lassen, hat eine Rechtfertigung, um die als dauernde Drohkulisse bewährten eigenen, in der Region seit Jahrzehnten betriebenen Militärstützpunkte zu modernisieren und auszubauen. Und man kann – was im Krieg um die Köpfe von größter Bedeutung ist – allen antikommunistischen Klischees und »wertebasierten« Überlegenheitsgefühlen freien Raum lassen.
Und so stellen einflussreiche Kreise in den USA »ganz plötzlich« wieder einmal fest, dass sie »das kleine Taiwan« gegen »das übermächtige China« verteidigen müssten. Sie tun so, als seien sie dazu berechtigt, denn es gebe da irgendein Völkerrechtsproblem. Nur: Dem ist nicht so. Die Insel Taiwan ist von den Vereinten Nationen eindeutig als Bestandteil Chinas definiert. Klarer geht es nicht. Den Ist-Zustand von außen in Frage zu stellen, ist eine nackte Provokation.
Warum aber reden sich dann auch in Deutschland so viele die Köpfe heiß? Selbst in der zur Zeit tief verunsicherten Linken? Weil es ja vielleicht doch sein könnte, dass die USA Recht hätten – und die grüne deutsche Außenministerin und ihre sozialdemokratische Verteidigungskollegin, die Deutschland so gern im »Indopazifik« mitschippern lassen und »Präsenz zeigen« lassen wollen, in trauter Gefolgschaft gleich mit?
Es ist die seit 1914 immer wiederkehrende Frage danach, ob eine sozialistische Opposition erkennt, dass eine auf Weltherrschaft ausgerichtete imperialistische Politik Interessen folgt, die niemals die ihren sein können. Dazu gehört das Erkennen, dass die USA und die Nato das Völkerrecht stets nach eigenem Gutdünken auslegen und anwenden – und dass das Wort von der »Wertebasierung« geschaffen wurde, um diesem Gutdünken den Schein von etwas Übergeordnetem, »Besseren« zu verleihen. Womit dann die »Moral« wieder zum Zuge kommen darf – aber nur die eigene, angeblich turmhoch überlegene.
Die Herrschenden in den USA sind nicht zimperlich. Sie haben China als strategischen Hauptfeind identifiziert und gruppieren dementsprechend ihre Kräfte. Das Bild vom »kleinen Taiwan«, die Dämonisierung der Volksrepublik und die Bezüge zum russischen Überfall auf die Ukraine sind bestens geeignet, Meinung zu machen. Die chinesische Regierung ihrerseits lässt keinen Zweifel daran, dass das Vorgehen der USA völkerrechtswidrig ist, dass es ihren Interessen fundamental zuwiderläuft und sie diese Interessen schützen werden. Wer nicht mitmachen will im immer gefährlicheren Spiel mit dem Feuer, nimmt diese Interessen ernst.
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