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Energieschleudern zähmen
Bei der Sanierung von Baudenkmälern ist noch reichlich Luft nach oben
Am Ende könne man nicht nur „emotional» dafür argumentieren, dass Berlins baukulturelles Erbe erhalten bleibt. Auch angesichts der bereits beim Bau verausgabten grauen Energie sei dies wichtig, sagte Berlins Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt (parteilos, für SPD) am Donnerstagabend bei einer Veranstaltung des Vereins zur Förderung der Denkmalpflege und der Initiative Xberg-klimaneutral. »Denkmalschutz und Klimaschutz müssen zusammengedacht werden«, so Kahlfeldt.
Die Senatsbaudirektorin ließ sich bei dieser Gelegenheit Beispiele erfolgreicher Sanierungen denkmalgeschützter Gebäude vorstellen. Denn mit undichten Fenstern, fehlender Dämmung und veralteten Heizungen sind Altbauten alles andere als sparsam beim Energieverbrauch. Die Herausforderung ist deshalb, energetisch zu sanieren, dabei aber das baukulturelle Erbe zu erhalten und das Ganze dann auch noch sozialverträglich umzusetzen. Das muss nicht unbedingt zur Quadratur des Kreises werden. »Die energetische Sanierung denkmalgeschützter Quartiere ist sinnvoll, technisch sowie wirtschaftlich möglich und nicht zwingend mit Mehrkosten verbunden«, sagte Ulf Heitmann, Vorstand der Genossenschaft Bremer Höhe aus eigener Erfahrung.
Die Genossenschaft wurde im Jahr 2000 gegründet, um den Verkauf eines Gebäudeensembles in Prenzlauer Berg an einen Investor zu verhindern. Sie erwarb rund 500 Wohnungen in Altbauten an der Schönhauser Allee, die es anschließend zu sanieren galt. Viel wurde gemacht, unter anderem wird die Bremer Höhe durch ein Blockheizkraftwerk mit Strom und Wärme versorgt. Auch Photovoltaikanlagen hat die Genossenschaft auf den Dächern installiert. Die Heizungs- und Warmwasserkosten liegen heute ebenso wie die Nettokaltmieten unter dem Berliner Durchschnitt.
Baudenkmäler energetisch zu sanieren, sei aber Heitmann zufolge durchaus mit Hindernissen verbunden. So hätten nicht überall auf den Dächern Solaranlagen installiert werden können. Die Auflage wäre gewesen, dass diese weder von der Straße noch von der Hochbahn der U2 zu sehen sind. »Da wäre deutlich mehr möglich gewesen«, so Heitmann, der auch kritisiert, dass es kein vernünftiges Mieterstrommodell gibt. Denn selbst erzeugter Strom muss versteuert werden – sowohl beim Verkauf an die Mieter als auch bei einer Einspeisung ins Netz.
Letztlich sei die sozialverträgliche energetische Sanierung der Bremer Höhe nur möglich gewesen, weil 40 Prozent der Sanierungskosten von Land und Bund bezuschusst wurden – durch Förderprogramme, die es gegenwärtig nicht mehr gibt. Doch auch heute sei der Bedarf an Sanierungsmitteln groß, das habe das Chaos Anfang des Jahres um die KfW-Zuschüsse gezeigt, so Heitmann. Mit Blick auf die Landesebene ist er überzeugt, dass es ein umfassendes, an die Modernisierungs- und Instandhaltungsrichtlinie von 1995 angelehntes Sanierungsprogramm bräuchte. Die Genossenschaft Bremer Höhe hat in den vergangenen Jahren über das Vorkaufsrecht mehrere Häuser erworben. Dort ist sie zu niedrigen Mieten verpflichtet. Teilweise seien das aber Häuser ohne Bäder, mit Schwamm und statischen Problemen, bei denen schon Instandhaltungsmaßnahmen teuer zu Buche schlagen.
Man könne darüber reden, ob eine Förderrichtlinie heute wieder so aussehen müsse wie 1995, sagte Heitmann. Er teile die Kritik an der befristeten Sozialbindung der Wohnungen, deren Modernisierung gefördert wird. Auch müsse nicht jedes Wohnungsunternehmen gefördert werden. »Wenn man aber will, dass trotz Sanierung die Mieten preiswert bleiben, braucht es ein umfassendes Programm«, so der Genossenschaftsvorstand der Bremer Höhe.
Beim Thema energetische Sanierung sind manche schon weiter als die Politik. Das zeigt das Beispiel der evangelischen Landeskirche, die einen großen Bestand alter Gebäude verwaltet. Sie hat einen kircheninternen Fonds aufgelegt, in den jede Kirchengemeinde für ihre Gebäude 125 Euro je Tonne Kohlendioxid einzahlt. Aus diesem Fonds werden energetische Sanierungsmaßnahmen bezahlt.
Janes von Moers vom Umweltbüro der Landeskirche rechnete anhand eines Pfarrhauses vor, dass statt der jährlichen Energiekosten von 5000 Euro ein dreistelliges Plus für das Haus entstanden sei, das sich durch das Einspeisen des selbst produzierten Stroms ergeben habe. Unter anderem wurden Außenwände und Kellerdecken gedämmt sowie lediglich die innere Verglasung der alten Doppelkastenfenster ersetzt. Damit bleibt auch das Baudenkmal erhalten. »Von der Straße aus sieht man keine bauliche Veränderung«, so Janes von Moers.
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