Ein Anlass für Allianzen

Die USA stehen Südkorea bei und haben Größeres im Sinn

  • René Heilig
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Demokratische Volksrepublik Korea (DVRK) – wie Nordkorea eigentlich heißt – hat in diesem Jahr trotz UN-Verbot und internationaler Proteste bereits über 40 Raketen abgefeuert: ein neuer Rekord. Die neuerlichen Raketentests reichten Washington, um wieder militärische Präsenz im Japanischen Meer zu zeigen. Die vergangene Woche begonnene Übung demonstriere, betonte das Indopazifik-Kommando der USA, wie entschlossen man gegen jene vorgehe, »die die regionale Stabilität in Frage stellen«. Damit ist nicht nur Nordkorea gemeint. Die Militärdemonstration gilt auch China, dem eigentlichen Gegner. Gegen Peking, das bei Nachbarn territoriale Ansprüche geltend macht, zimmert Washington in Asien neue Bündnisse.

Ein paar Tage lang übten die Besatzungen des Lenkwaffenkreuzers »USS Chancellorsville« und des Raketenzerstörers »USS Benfold« – beide gehören zum Begleitschutz des Flugzeugträgers »USS Ronald Reagan« – gemeinsam mit je einem südkoreanischen und einem japanischen Kriegsschiff. Ende September erst hatten die drei Verbündeten die Abwehr von U-Booten trainiert; nun probten sie den Abschuss ballistischer Raketen. So wie die Kraftdemonstrationen des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong-un bislang weitgehend berechenbar bleiben, so riskieren auch dessen Gegenspieler keine Eskalation der ohnehin brisanten Lage.

Man erinnert sich in Nordkorea noch recht gut an die »Fire and Fury« (Feuer und Zorn)-Drohung von Donald Trump. Wenn Kim nicht einlenke, werde er mit einer Macht konfrontiert, »wie sie die Welt noch nie zuvor gesehen hat«, zeterte der US-Präsident im August 2017. Es verging kein Jahr bis zur ersten Begegnung zwischen einem US-Präsidenten und einem nordkoreanischen Staatsführer. Trump und Kim Jong-un versprachen, neue Beziehungen zwischen beiden Ländern aufzubauen. Nordkorea sollte auf eine vollständige Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel hinarbeiten. Die USA versprachen Sicherheitsgarantien und bliesen laufende Militärübungen in der Region ab. Wer dieses Treffen mit Skepsis betrachtete, sollte Recht behalten. Auch die wenigen frühlingshaften Momente im Verhältnis zwischen Nord- und Südkorea führten nicht zu einer Entspannung.

Washington ist Seouls wichtigster militärischer Verbündeter. Rund 28 500 US-Soldaten sind direkt in Südkorea stationiert. Dort befürchtet man, dass der Norden demnächst auch wieder U-Boot-gestützte ballistische Rakete sowie eine Atombombe testen könnte. Daher möchte der im Mai vereidigte südkoreanische Präsident Yoon Suk Yeol die Anzahl der gemeinsamen Manöver mit den USA erhöhen. Das wiederum betrachtet man im Norden als Bedrohung. Die weiterhin um Abschottung bemühte Volksrepublik ist wirtschaftlich auf Hilfe von außen angewiesen. Russland scheidet aktuell als Partner aus, China hat andere außen- und sicherheitspolitische Prämissen. So bleibt die DVRK wegen ihres Atomwaffen- und Raketenprogramms spürbaren, von der Uno abgesegneten internationalen Sanktionen unterworfen. Bislang ist nicht erkennbar, dass die Restriktionen Kim Jong-uns Rüstungseifer bremsen.

Auch das Aufrüstungsprogramm im Süden, das mit den Bedrohungen aus dem Norden begründet wird, trägt zur Zuspitzung der Spannungen bei. Nicht nur in Asien. Man profitiert vom Ukraine-Krieg und liefert demnächst 980 »Black Panther«-Panzer, 648 K9-Haubitzen und 48 FA-50-Kampfjets nach Polen. Der Vertrag gilt als ein Türöffner für Exporte in weitere Nato-Länder. In Norwegen konkurriert der deutsche Leopard-2-Panzer mit dem »Panther« von Hyundai, auch andere Länder interessieren sich für Kriegsgerät »Made in Korea«, zumal dieses wegen der südkoreanisch-amerikanischen Allianz Nato-Standards ähnelt. Schwerpunkt bleibt dennoch die Belieferung der eigenen Streitkräfte. Allein der Bau von drei Zerstörern – ähnlich dem US-Typ »Arleigh Burke« – wird mehr als drei Milliarden Dollar kosten. Die Schiffe, die ab 2028 in Dienst gestellt werden, sind in der Lage, Raketen abzuwehren.

Dabei denken Militärs nicht nur an solche, die aus Nordkorea kommen könnten. Als treuer Verbündeter der USA wappnet sich Südkorea auch gegen China. Um dessen Flugzeugträger abzuschrecken, testete man jüngst einen neuen Überschall-Marschflugkörper, der Fachleute sehr an den russischen »Onyx«-Typ erinnert. Moskau lieferte diese Waffen nach Vietnam und Indonesien, doch nicht an Südkorea. Das lief vermutlich über Umwege. Indiens Regierung vereinbarte mit der philippinischen im März 2021 einen Vertrag über die Lieferung von BrahMos-Raketen. Die basieren auf der »Onyx«. Obwohl untereinander durchaus zerstritten, so haben Indien, die Philippinen, Vietnam, Indonesien und Südkorea doch einen gemeinsamen Gegner: China. Die US-Regierung sieht das mit Wohlgefallen.

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