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  • Die Linke bei der Niedersachsen-Wahl

Bitterer als erwartet

Trotz Umfragewerten nahe der Fünf-Prozent-Hürde erleidet Die Linke eine weitere Niederlage

Die Erosion der Linkspartei scheint sich fortzusetzen, trotz der Notwendigkeit einer progressiven Alternative.
Die Erosion der Linkspartei scheint sich fortzusetzen, trotz der Notwendigkeit einer progressiven Alternative.

Wäre Göttingen Niedersachsen, dann wäre Die Linke drin im Landtag. In der Universitätsstadt erhielt sie 6,6 Prozent der Zweitstimmen. Es ist zugleich die einzige größere Stadt des nordwestlichen Bundeslandes, in der die Partei die Fünf-Prozent-Hürde genommen hat. Allerdings musste die Partei auch im Wahlkreis Göttingen-Stadt erhebliche Einbußen hinnehmen: 2017 hatte sie hier noch 9,9 Prozent bekommen. Vor diesem Hintergrund ist das Ergebnis von Direktkandidat Thomas Goes dennoch bemerkenswert, denn er konnte immerhin 7,3 Prozent der Erststimmen auf sich vereinigen.

Ähnlich gute Erststimmenresultate erzielten nur Hans-Henning Adler im Wahlkreis Oldenburg Mitte/Süd und Viktor Linsel im Wahlkreis Elbe. Adler ist seit Langem in der Partei aktiv, saß für sie von 2008 bis 2013 im Landtag, also in der einzigen Legislaturperiode, in der sie es mit einem Ergebnis 7,1 Prozent ins Parlament von Hannover schaffte. Der 72-Jährige erhielt 8,4 Prozent der Erststimmen. Linsel konnte 6,9 Prozent der Erststimmen im östlichsten Wahlkreis auf sich vereinen, der den von der Anti-AKW-Bewegung geprägten Landkreis Lüchow-Dannenberg einschließt. Der 24-Jährige engagiert sich in der VVN-BdA und in der Klimabewegung.

Insgesamt sieht es aber düster aus für Die Linke, und das, obwohl Genossinnen und Genossen von der Basis wie auch Direktkandidaten wie Goes einen engagierten Wahlkampf mit Infoständen und direkten Besuchen bei potenziellen Wählern gemacht haben. In den Umfragen unmittelbar vor der Wahl am Sonntag hatte sie noch bei rund vier Prozent gelegen. Damit hätte ein Ergebnis von fünf Prozent durchaus im Bereich des Wahrscheinlichen gelegen. Doch am Abend folgte die Ernüchterung: Nur 2,7 Prozent konnte die Partei auf sich vereinigen. Das ist ein Einbruch um fast zwei Prozentpunkte gegenüber der letzten Landtagswahl.

Dramatisch sind die Verluste in den Großstädten, so in Hannover. In ihrer ehemaligen Hochburg Hannover-Linden kam die Partei zwar noch auf 7,3 Prozent der Zweitstimmen. Das entspricht aber gegenüber 2017 trotzdem nahezu einer Halbierung, denn damals kam sie in diesem Wahlkreis auf 13,7 Prozent der Zweitstimmen. Ersten Analysen zufolge büßte Die Linke nicht mehr nur bei ihrer Kernklientel ein, also bei Arbeitern, Angestellten, prekär Beschäftigten und Erwerbslosen ein, sondern auch in akademischen Milieus.

Der Linke-Kovorsitzende Martin Schirdewan räumte am Montag ein, dass die Partei »tiefgreifende Probleme« hat. »Leider sind wir noch nicht an dem Punkt, an dem wir Einigkeit haben«, sagte er. Das Protestwählerpotenzial werde derzeit erfolgreich von der AfD abgegriffen, obwohl diese nur »Scheinlösungen« anbiete, bedauerte Schirdewan. Intern werde im Bundesvorstand jetzt darüber beraten, welche Schlüsse aus dem vierten Scheitern bei einer Landtagswahl allein in diesem Jahr gezogen werden müssten. Heidi Reichinnek, Landesvorsitzende in Niedersachsen, machte als wesentliches Problem das Fehlen einer »Nichtwähler*innenstrategie« aus. Der Landesvorstand werde am Samstag über Ursachen des Debakels und Konsequenzen daraus beraten, kündigte sie an. Zudem werde dies Thema des Landesparteitags im November sein.

Thomas Goes sieht mehrere hausgemachte Ursachen für das schlechte Abschneiden seiner Partei. „Wir haben die Grabenkämpfe, die wir auf Bundesebene haben, auch im Landesverband», sagte er am Montag gegenüber „nd». Zudem sei es nicht gelungen, eine zwischen verschiedenen Strömungen ausgewogene Landesliste aufzustellen. Im Wahlkampf hätten die verschiedenen Lager aber gut zusammengearbeitet, betont der 42-Jährige. Das entscheidende Versäumnis ist seiner Ansicht nach, dass die Partei sich zu wenig mit der Landespolitik beschäftigt und dabei Themen besetzt habe. Auch sei es nicht gelungen, „Leute landespolitisch aufzubauen, die im gewerkschaftlichen Bereich oder in der Mietenbewegung» aktiv und vernetzt seien. Dabei gebe es solche Leute, die als Multiplikatoren hätten wirken können.

Zugleich habe der Zustand der Bundespartei den Wahlkampf geprägt, so Goes: „In Gesprächen sagte ein Fünftel, man wolle uns wegen der Positionen von Sahra Wagenknecht nicht wählen, ein Fünftel, weil wir Wagenknecht schlecht behandeln, und viele andere, weil wir zu sehr mit internem Streit beschäftigt sind.» Goes engagiert sich in der Bewegungslinken und propagiert wie Ex-Parteichef Bernd Riexinger eine „verbindende Klassenpolitik». Mit einer solchen, glaubt er, könne Die Linke auch in Niedersachsen aus ihrem Tief herauskommen: „Wir brauchen ein gemeinsames Projekt, und das muss Umverteilung nach unten ebenso umfassen wie linke Klimaschutzkonzepte.»

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