Welche Folgen hat die Pipeline-Havarie?

Dr. Schmidt erklärt die Welt: Was passiert mit Nord Stream 1 und 2

  • Steffen Schmidt
  • Lesedauer: 3 Min.
Welche Folgen hat die Pipeline-Havarie?

Neulich wurden die Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 durch vermutliche Sabotageakte schwer beschädigt. Tagelang strömte Gas aus. Was genau ist da in die Atmosphäre entwichen?

Nord Stream 2 war noch gar nicht in Betrieb, da ist wahrscheinlich ein technisches Gas drin. Falls das, wie üblich, Stickstoff ist, wäre das für die Umwelt kein großes Problem, denn unsere Atmosphäre besteht sowieso hauptsächlich aus Stickstoff. In Nord Stream 1 ist Erdgas, also hauptsächlich Methan.

Was bedeutet das für die Umwelt und das Klima?

Da kommt es drauf an, ob ein Teil des Methans schon beim Kontakt mit Wasser oxidiert und dann als aufsteigendes bzw. im Wasser gelöstes Gas CO2 anfällt. Es gab vor Jahren mal eine Untersuchung im Zusammenhang mit einem Methanausbruch an einem Bohrloch in der Nordsee. Da wurde festgestellt, dass ein Teil im Wasser zu CO2 oxidiert ist. Das hat sich zum Teil im Wasser gelöst und dieses saurer gemacht. Das ist der Vorgang, den wir mit unserer massiven Treibhausgasproduktion sowieso in allen Weltmeeren auslösen. Der größere Teil steigt aber auf und geht in die Atmosphäre. Aber die Menge bei den Nord-Stream-Leitungen soll geringer sein als das, was wir beispielsweise mit der Landwirtschaft in Deutschland in einem Jahr erzeugen. Und außerdem wird wegen der Stilllegung von Nord Stream 1 auf der russischen Seite Gas abgefackelt. Dabei wird einer Untersuchung zufolge längst nicht so viel Methan vernichtet, wie man eigentlich dachte, weil die Flammen immer mal sporadisch ausgehen. Bis das wieder zündet, geht Methan raus.

Sie fackeln dort Gas ab, das eigentlich geliefert werden sollte.

Ja, es sind ja in Russland ewig lange Leitungen. Allein in der Ostsee unter Wasser sind es über 1000 Kilometer. Selbst wenn man am Förderort den Hahn zudreht, sind erst mal Unmengen Gas in der Leitung.

Mittlerweile strömt kein Gas mehr aus. Wie wurde das gestoppt?

Der Austritt endet spätestens, wenn ein Gleichgewicht zwischen Wasserdruck im Meer und Gasdruck in der Leitung eintritt.

Warum war in Nord Stream 2 überhaupt Gas, wenn die noch nicht in Betrieb war?

Um die Leitung unter Druck zu halten, denn von außen herrscht ja Wasserdruck. Und auch, um zu prüfen, ob alle Schweißnähte und Anschlüsse dicht sind.

Von was für Wassertiefen in der Ostsee reden wir?

Bis zu 300 Meter. Das ist dann immerhin schon das 30-Fache des Atmosphärendrucks. Die Leitung geht immer am Meeresboden lang, und an manchen Stellen, wo Löcher waren, hat man auch etwas aufgeschüttet.

Wie kann man so eine Leitung in solchen Tiefen reparieren?

Am Ort der Lecks sind es nur 30 Meter. Man müsste wohl den beschädigten Abschnitt auswechseln. Diese Rohre sind ja für jahrzehntelangen Gebrauch gedacht und Defekte sind immer möglich. Und sei es durch einen ungünstig abgeworfenen Schiffsanker. Bei Datenleitungen unter Wasser ist das schon wiederholt vorgekommen.

Gibt es auch Unter-Wasser-Ölpipelines?

Ja, beispielsweise an Bohrplattformen bis zur nächsten Anlegestelle für Tanker. Wenn da eine leckt, kann das schlimmer ausgehen. Das hat man 2010 bei der Havarie der Bohrinsel »Deepwater Horizon« im Golf von Mexiko sehr gut gesehen.

Gas soll nur eine Brückentechnologie sein, künftig könnte Wasserstoff durch die Pipelines fließen. Was passiert, wenn eine Wasserstoffleitung beschädigt wird?

Falls etwas in die Atmosphäre austritt, solltest du auf keinen Fall mit einem Feuerzeug vorbeikommen. Aber bis durch Nord Stream Wasserstoff fließen kann, müsste viel mehr passieren als das Ende dieses Krieges.

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