- Politik
- Friedrich Merz
Unruhe im Adenauer-Haus
Zentrale Posten in der CDU-Zentrale neu besetzt
Normalerweise entzieht sich das Innenleben der Berliner Parteizentralen dem Interesse einer breiten Öffentlichkeit. Jenseits der ersten Reihe aus Bundesvorsitzenden und Generalsekretär*innen sind die Namen an zentralen Stellen einer Mehrheit unbekannt. Wer weiß schon, wie der Bundesgeschäftsführer im Konrad-Adenauer-Haus heißt? Dabei lohnt es sich, die eine oder andere Personalie zu kennen, sagt sie doch etwas darüber aus, wohin sich eine Partei mittelfristig strategisch entwickelt. Besagten Bundesgeschäftsführer hat der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz am Montag ausgetauscht. Terminlich wirkt es wie eine unmittelbare Reaktion auf die verlorene Niedersachsenwahl, ad hoc ließe sich Personal, das eine Parteizentrale mit einer Mitarbeiter*innenzahl in der Größenordnung eines mittelständischen Betriebes leitet, aber gar nicht finden. Christoph Hoppe heißt der Neue und ist ganz nach Merz’ Geschmack – von ihren Karrierewegen sind sich beide ähnlich. Hoppe beherrscht wie der CDU-Vorsitzende das Wechselspiel zwischen Politik und freier Wirtschaft. In den 90er Jahren war er erst als Referent für die Unionsfraktion im Bundestag tätig, zeitweise sogar im Kanzleramt unter Helmut Kohl, ehe er 1995 in die Wirtschaft ging, konkret in die Luftfahrt- und Rüstungsindustrie, darunter lange Zeit für Airbus. Für den Konzern arbeitete Hoppe auch als Lobbyist in Berlin.
Merz preiste die Personalentscheidung am Montag dann auch an, als ginge es um das Management eines Konzerns und nicht um eine Partei. Man wolle »hier im Haus die Strukturen noch einmal modernisieren«, so der CDU-Chef und lobt Hoppes »sehr intensive Erfahrungen in der Privatwirtschaft«. Ebenfalls neu im Adenauer-Haus ist Ex-Journalistin Kathrin Degmair, die zuletzt für die internationale Beraterfirma Boston Consulting Group arbeitete. Sie ist neue Kommunikationschefin.
Die Entscheidungen sind vor dem Hintergrund zu sehen, dass Merz bei seinem Amtsantritt Ende Januar im Adenauer-Haus auf viele Mitarbeiter*innen aus der Ära Angela Merkel traf, zunächst aber auf größere Personalwechsel im Maschinenraum der Partei verzichtete. Hoppe und Degmair kommen nun von außen, sind im Gegensatz zum bisherigen Bundesgeschäftsführer Stefan Hennewig keine Mitarbeiter*innen, die fast ihr gesamtes Berufsleben in den CDU-Dienst stellten. Merz schneidet nun die alten Zöpfe ab.
Wie beständig das alles ist, muss sich zeigen. Gerade im Umgang mit seinen engsten, eigenen Mitarbeiter*innen war der CDU-Bundesvorsitzende zuletzt ziemlich harsch. Als Merz Parteichef wurde, ging seine neue Büroleiterin im Adenauer-Haus, Andrea Verpoorten, bereits nach nur neun Wochen wieder. Im feinsten Unternehmenssprech hieß es damals, »die Erwartungshaltungen passten nicht«. Damit blieb Verpoorten jedoch mehr als doppelt so lange auf dem Posten, wie ihr Nachfolger Marian Bracht. Der kam zum 1. August und war seinen Posten zum Monatsende auch schon wieder los. Auf konservativen bis weit rechten Webseiten wird über mögliche politische Hintergründe spekuliert. Eine Rolle spielt wohl eine geplante und am Ende abgesagte Veranstaltung, bei der Merz mit dem republikanischen US-Senator und eifrigen Trump-Unterstützer Lindsey Graham diskutieren sollte. Bracht habe seinem Chef von einer Teilnahme abgeraten, der Empfehlung kam er nach. Daraufhin hagelte es Kritik von besonders konservativen Merz-Unterstützer*innen, der CDU-Vorsitzende sei eingeknickt. Kurz darauf war Bracht seinen Job los.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.