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Wenn Lewandowski Ladehemmung hat
Bayern München zeigt seinem Ex-Torjäger und Barça die Grenzen auf
Der Gang zu seinen ehemaligen Mitspielern in die Bayern-Kabine nach dem Spiel dürfte Robert Lewandowski nicht leicht gefallen sein. Zu tief saß der Frust nach der 0:3 Niederlage des FC Barcelona. Insgesamt läuft es eigentlich rund für Lewandowsky seit seinem von ihm gegen den Willen des FC Bayern München forcierten Wechsel in die katalanische Metropole. Vor dem Heimspiel am 26. Oktober im mit 84 016 gefüllten Camp Nou hatte Lewandowski in der Champions League fünf Mal nach vier Spielen und in der Liga bereits zwölfmal nach elf Spielen getroffen.
Doch immer wenn Lewandowski nicht trifft, kommt Barça in Schwierigkeiten. Ob im Clásico gegen Real Madrid, beim Auftakt gegen Rayo Vallecano in der spanischen Liga oder in der Champions League bei Inter Mailand und Bayern München. Keine Lewandowski-Tore bedeuteten mit der Ausnahme des torlosen Unentschiedens bei Rayo und eines 1:0 gegen Celta Vigo diese Saison bisher immer Niederlagen. Am Mittwochabend setzte sich diese Reihe fort. Kein Tor von Lewandowksi, der sich gegen die Bayern Innenverteidigung de Ligt und Upamecano nicht durchsetzen konnte, kein einziger Torschuss fand seinen Weg auf das Gehäuse des Ersatzkeepers Sven Ulreich. Lewandowskis auffälligste Szene war ein Sturz im Strafraum kurz vor Ende der ersten Halbzeit, dem ein Elfmeterpfiff folgte, den der englische Schiedsrichter Anthony Taylor nach Ansehen der Bilder auf Hinweis des Schiedsrichterassistenten VAR wieder zurücknahm. Uefa-Mafia-Sprechchöre von den Rängen waren die Folge, die Chance auf ein Anschlusstor vor der Pause war passé und am Ende stand auf der Anzeigetafel des Camp Nou: 0:3. Exakt dasselbe Ergebnis wie vor einem Jahr in der Gruppenphase.
Lewandowskis fünf Treffer reichten nicht zum Einzug ins Achtelfinale der Champions League im Februar 2023. Ein Hattrick gegen Vikoria Pilsen, ein Doppel beim 3:3 gegen Inter Mailand stehen drei Spiele ohne Treffer gegenüber. In beiden Spielen gegen seine ehemaligen Mannschaftskameraden vom FC Bayern blieb Lewandowski glück- und torlos. Hatte er beim Hinspiel in München noch beste Chancen liegengelassen, was mit Übereifer angesichts der schwierigen emotionalen Rückkehr nach acht erfolgreichen Jahren bei Bayern erklärt wurde, blieb er im Rückspiel ohne nennenswerte Chancen. Mehr als geblockte Schüsse gelangen ihm nicht. Was für Lewandowski galt, galt auch für seine Nebenleute. Kein einziger Schuss fand den Weg auf das Gehäuse von Sven Ulreich, immer brachte ein aufmerksamer Verteidiger noch ein Bein dazwischen.
Hinten machten die Bayern dicht und vorne schlugen sie eiskalt nach schnörkellosen Angriffen zu. Zuerst nützte Sadio Mané schon nach zehn Minuten einen Diagonalpass von Serge Gnabry, um nach einem Diagonalsprint mit anschließendem Lupfer über den deutschen Nationaltorwart Marc-André ter Stegen Bayern in Führung zu bringen. Nach einer halben Stunde legte Bayern nach, ein schneller von Jamal Musialas Pass eingeleiteter Konter fand über Gnabry den Weg zu Lewandowski-Ersatz Eric Maxim Choupo Moting und der Kameruner setzte seinen Lauf aus der Bundesliga auch in der Champions League fort und tunnelte den Barça-Torwart. Das war die Vorentscheidung. Der Treffer von Pavard im Anschluss an eine Ecke in der Nachspielzeit zum 3:0 hatte nur noch kosmetischen Wert.
Barças Trainer Xavi, der sich nach dem 1:3 bei Real Madrid am 16. Oktober zum ersten Mal im Kreuzfeuer der Kritik fand, setzte gegen Bayern wie schon am Sonntag zuvor beim 4:0 gegen Athletic Bilbao auf ein gestärktes Mittelfeld, mit dem Ziel, so die Spielkontrolle im Mittelfeld gegen die seinerseits bekannt spielstarken Bayern zu bekommen. Auf nominell Linksaußen spielte wieder der 19-jährige Mittelfeldregisseur Pedri, im Sturm neben Mittelstürmer Lewandowski auf Rechtsaußen Ousmane Dembélé, der am Sonntag mit einem Tor und drei Vorlagen der überragende Spieler im Camp Nou war.
Xavis Plan, mit vier Mittelfeldspielern den Bayern das eigene Spiel aufzuzwingen, ging nicht auf. Bayern war giftiger in den Zweikämpfen und brachte mit hohem Pressing und schnellem Umschaltfußball Barcelonas Abwehr immer wieder in Nöte.
Xavi hatte vor der Saison das Ziel Wettbewerbsfähigkeit in allen Wettbewerben ausgegeben – explizit auch in der Champions League, wo Barça in der vergangenen Saison zum ersten Mal nach 17 Jahren das Achtelfinale verpasste. Chancenlos in der Gruppe mit 2:9 Toren und unter anderem zwei 0:3 Pleiten gegen Bayern München, die auch im zweiten Jahr nach Messi wieder Gruppengegner waren und auch Messi selbst beim 8:2 in Lissabon beim Champions League Viertelfinale 2020 seine größte Klatsche im Barça-Trikot beibrachten.
Chancenlos war der FC Barcelona 2022 nicht, gereicht hat es dennoch nicht. Das lag an einer Mischung aus Verletzungspech, krassen individuellen Fehlern und der ein oder anderen fragwürdigen Schiedsrichterentscheidung. Alles zusammen war das zu viel für die Mannschaft im Neuaufbau, die Xavineta, wie das nach dem Trainer benannte Zukunftsprojekt bezeichnet wird. Xavi wollte zwar nicht von einem klaren Scheitern sprechen wie Pedri, machte aus seiner Enttäuschung aber keinen Hehl: »Wir hatten hohe Erwartungen, klar war die Gruppe kompliziert war und alles lief gegen uns. Heute Abend waren wir aber nicht konkurrenzfähig.« Jetzt gilt das Augenmerk der spanischen Liga, wo am Samstag ein schwieriges Auswärtsspiel in Valencia ansteht, das drittletzte Ligaspiel vor der langen WM-Pause von Mitte November bis Ende Dezember. Bei drei Punkten Rückstand auf den Erzrivalen Real Madrid ist in der Liga noch alles drin, wenn es 2023 in die entscheidenden Monate der Saison geht. Europäisch spielt Barça dann nur noch zweitklassig in der Europa League weiter. Die Champions League K.o.- Runde muss mindestens ein weiteres Jahr warten – nachdem sie in der Ära Messi 17 Jahre infolge erreicht wurde. Tempi passati.
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