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Lula schreibt erneut Geschichte
Bolsonaros Abwahl stärkt Brasiliens Gewicht auf der Weltbühne. Doch die neue Regierung wird vor allem mit innenpolitischen Problemen zu kämpfen haben
Der Wahlsieg von Lula da Silva stand gerade erst fest, da trudelten bereits in Serie die Glückwünsche der künftigen Amtskollegen des gewählten Präsidenten ein. Hauchdünn in Führung gegangen und dann geblieben war der Mitbegründer der Arbeiterpartei PT erst, nachdem zwei Drittel der Stimmen von der Wahlbehörde TSE ausgezählt waren. Die Botschaften waren auch als ein Signal an den Verlierer Jair Bolsonaro zu verstehen, dass die Welt die Legitimität dieser Wahl nicht in Frage stellen lassen wird. Seit Monaten hat der rechtsextreme Amtsinhaber nach der Methode Trump mit falschen Behauptungen in dieser Richtung vorgebaut.
Über diplomatische Floskeln hinausgehend, spiegeln die Nachrichten echte Erleichterung sowie die Hoffnung und Erwartung wider, dass Brasilien mit Lula zu einer berechenbaren und konstruktiven Außenpolitik zurückkehrt. Bereits seit dem politisch motivierten Sturz der PT-Politikerin Dilma Rousseff durch ein fragwürdiges Impeachment im Jahr 2016 und der Übernahme ihres Amts durch Bolsonaro-Vorgänger Michel Temer hatten viele Länder ihre Beziehungen zu Brasilien auf kleinere Flamme gestellt.
Zu den ersten und herzlichen Gratulanten zählte Portugals Ministerpräsident António Costa. Er freue sich auf die Zusammenarbeit beider Länder, »auch im Hinblick auf die großen globalen Anliegen«, teilte Costa auf Twitter mit. Aus dem iberischen Nachbarland Spanien gratulierte Premier Pedro Sánchez, ebenfalls Sozialdemokrat, Lula zum Sieg »bei dieser Wahl, bei der sich Brasilien dafür entschied, auf Fortschritt und Hoffnung zu setzen.« Gemeinsam werde man »für die soziale Gerechtigkeit, die Gleichheit und gegen den Klimawandel« arbeiten.
Auch Paris ließ nicht auf sich warten. Frankreichs liberaler Präsident Emmanuel Macron twitterte Glückwünsche an seinen »teuren Lula«, der mit seiner Wahl »ein neues Kapitel in der Geschichte Brasiliens« aufschlage. »Gemeinsam werden wir unsere Kräfte bündeln, um den vielen gemeinsamen Herausforderungen zu begegnen und das Band der Freundschaft zwischen unseren Ländern neu zu knüpfen«, formulierte Macron deutlich. Frankreich und Brasilien pflegen historisch enge wirtschaftliche und kulturelle Verbindungen. Einen freundlich-nüchternen Gruß erhielt Brasiliens gewählter Präsident vom deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Der Hanseat freut sich auf eine »enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit« bei Handel und Klimaschutz.
Wohin sich Riese Brasilien politisch wendet, hat für den Rest Lateinamerikas besonderes Gewicht. Für das progressive Lager ist Lulas Wahl ein Hoffnungszeichen. »Das große Vaterland umarmt dich, Bruder!«, jubelte der frühere bolivianische Präsident Evo Morales, der den großen Aufbruch der Linkskräfte vor zwei Jahrzehnten mit prägte. Mexikos aktueller Präsident Andrés Manuel López Obrador sieht in Lulas Sieg eine Perspektive für mehr Humanismus, auch die Staatschefs von Chile, Kuba, Ecuador und Venezuela äußerten ihre Freude. »Es lebe Lula« twitterte Kolumbiens neuer Präsident Gustavo Petro bereits Minuten vor Ende der Auszählung.
Lange feiern können Lula und sein Übergangsteam nicht. Oben auf dem Plan stehen Maßnahmen zur Wiederbelebung der Wirtschaft, Hilfen für ärmere Familien und die Erhöhung der Mindestlöhne. Es warten schwierige Verhandlungen mit dem Kongress.
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