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Berliner Senat will bei Wohnkosten großzügiger sein
Sozialhilfeempfänger sollen bei drohendem Wohnungsverlust stärker unterstützt werden
Wer Sozialleistungen bezieht und eine neue Wohnung sucht, steht häufig vor einem unüberwindbaren Problem: Die Miete übersteigt die Kosten, die der Staat übernimmt. Auch Wohnungslose, die aus Unterkünften heraus nach Wohnungen auf dem regulären Mietmarkt suchen, sind oft damit konfrontiert, dass eine schon sicher geglaubte neue Bleibe an den Grenzwerten scheitert, die das Land Berlin in den Ausführungsvorschriften zur Gewährung der Wohnkostenübernahme (AV-Wohnen) festschreibt. Die regelmäßig aktualisierten Höchstbeträge werden ebenso regelmäßig von der Mietentwicklung in der Hauptstadt überholt. Nach der aktuellen Tabelle werden für einen Einpersonenhaushalt ohne Härtefallzuschläge beispielsweise unter 500 Euro bruttokalt als Mietkosten übernommen – in Berlin oft zu wenig. Erschwerend kommen in diesem Jahr die rasant steigenden Energiekosten hinzu.
Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) hat jetzt auf einer Sitzung des Ausschusses für Integration, Arbeit und Soziales im Abgeordnetenhaus Eckpunkte einer Novelle der Ausführungsvorschriften vorgestellt. Künftig sollen Leistungsempfänger vor Wohnungsverlust geschützt werden. Eine Klausel soll sicherstellen, dass die Höchstbeträge ausgesetzt werden können, wenn Wohnungslosigkeit droht oder beendet werden kann.
Die übernommenen Heizkosten sollen zudem nicht mehr an einen fixen Betrag gebunden sein, sondern sich am Verbrauch orientieren. Wessen Verbrauch gleich bleibt, der müsse sich also keine Sorge machen, dass die Heizkosten wegen der gestiegenen Preise nicht mehr übernommen werden. »Die Anpassung der AV-Wohnen fällt in eine Zeit vielfältiger Krisen, dazu gehören sprunghafte Anstiege der Heizkosten. Dem müssen wir bei der Fortschreibung der AV-Wohnen gerecht werden, damit nicht die Ärmsten sich die Heizung im wahrsten Sinne des Wortes vom Munde absparen müssen«, sagte Kipping im Nachgang der Sitzung zu »nd«. Ein beträchtlicher Teil der Hilfesuchenden komme inzwischen wegen Problemen bei der Wohnkostenübernahme in die Beratung, berichtete Markus Wahle vom Berliner Arbeitslosenzentrum der evangelischen Kirchenkreise e. V. bei der Ausschusssitzung. Leistungsempfänger, die keine mit den Ausführungsvorschriften konforme Wohnung finden, stünden erst mal auf der Straße und müssten in einer Unterkunft für Wohnungslose untergebracht werden. Die Situation sei nicht nur gefährlich für die Leistungsempfänger – sie rechne sich auch nicht für den Staat. Er berichtete von einer Familie, deren Unterbringung in einer Unterkunft für Wohnungslose mehr als 4000 Euro im Monat gekostet habe. Nachdem die Familie nach langem Zerren mit den Behörden in eine reguläre Wohnung vermittelt werden konnte, seien die Kosten auf knapp 1500 Euro für die Miete gesunken. »Da wird Geld zum Fenster herausgeworfen«, sagte er.
Lars Düsterhöft, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, verwies darauf, dass Menschen in den beengten Unterkünften nicht selten psychische Probleme entwickeln. »Was da an Behandlungs- und sonstigen Kosten zusammenkommt, davon hätte man die Menschen auch in Luxuswohnungen unterbringen können«, sagte er. Die jetzt angestrebte Novelle befürwortete er ebenso wie die Vertreter der anderen Regierungsfraktionen Grüne und Linke. Taylan Kurt (Grüne) nannte die neuen Ausführungsvorschriften »ein Instrument, um Wohnungslosigkeit zu vermeiden«.
Der Senat strebt an, die Novelle noch in diesem Jahr zu beschließen. Dann könnten die neuen Ausführungsvorschriften Anfang 2023 in Kraft treten. Vorher gibt es aber noch Hürden: Als die Neufassung geschrieben wurde, ging man davon aus, dass im neuen Jahr bereits das neue Bürgergeld gelte, erläuterte Senatorin Kipping. Da die Sozialreform aber im Bundesrat festhänge und am Widerstand der Union zu scheitern drohe, passten viele Formulierungen nicht mehr zur Gesetzeslage im Bund. »Auf die Entwicklungen im Bund können wir keinen Einfluss nehmen«, sagte Kipping während der Sitzung. Sie ist trotzdem zuversichtlich, dass die neuen Ausführungsvorschriften bald umgesetzt werden können.
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