Kaum Fortschritte auf der UN-Klimakonferenz in Ägypten

Die Minister werden in der zweiten Woche mit zu vielen offenen Fragen konfrontiert

  • Christian Mihatsch. Scharm el-Sheikh
  • Lesedauer: 4 Min.

»Wir sind sehr, sehr besorgt, dass es hier nur zu einem minimalen Ergebnis kommen wird«, sagte Franz Perrez, der Leiter der Schweizer Delegation, am Ende der ersten Woche der 27. UN-Klimakonferenz (COP27) in Scharm el-Sheikh. Auch der Chef des UN-Klimasekretariats, Simon Stiell, zeigte sich unzufrieden. Er kritisierte gemäß dem inoffiziellen Protokoll der COPs, dem Earth Negotiations Bulletin (ENB), die Verhandler dafür, so viele Fragen offen zu lassen und sagte: »Wenn wir die Verhandlungen blockieren, werden wir kein Ergebnis erzielen, das dieses Prozesses würdig ist.« Das Bulletin vom Samstag ist voll mit Formulierungen wie »Die Vertragsparteien konnten sich nicht auf ein Resultat verständigen«. Auffällig war zudem die Zurückhaltung der ägyptischen COP-Präsidentschaft in den abschließenden Plenarversammlungen. Normalerweise macht das Gastgeberland Druck, um möglichst viele technische Themen in der ersten Woche abzuschließen, damit sich die Minister in der zweiten Woche auf die politischen Themen konzentrieren können.

Aus Sicht der Industriestaaten ist das wichtigste Thema dieser COP, ein Arbeitsprogramm auszuarbeiten, um die Emissionen so stark zu senken, damit die Aussicht auf eine Begrenzung der Klimaerwärmung auf 1,5 Grad »am Leben bleibt«. Doch hier tun sich fundamentale Gräben auf. Die Entwicklungsländer lehnen es ab, die »größten Emittenten« dazu anzuhalten, ihre Emissionen stärker zu senken, denn das beinhaltet auch Länder wie China und Saudi-Arabien, beide sind selbst noch als Entwicklungsländer eingestuft. Die größten Emittenten sind für rund 80 Prozent der Emissionen verantwortlich. Die Entwicklungsländer fürchten allerdings, dass dadurch eine dritte Länderkategorie eingeführt wird, neben »Industrie- und Entwicklungsländern«. Sie lehnen es zudem ab, gezielt in den Sektoren Kohle, Öl und Gas nach Potenzialen für zusätzliche Emissionssenkungen zu suchen. Der Energiemix der Länder würde »auf nationaler Ebene entschieden« und könne daher nicht Gegenstand multilateraler Verhandlungen sein. Selbst bei der Dauer des Arbeitsprogramms besteht Uneinigkeit. Der Verhandlungstext hat hier noch vier Optionen: Manche Länder wollen das Programm im Jahr 2023 abschließen, andere im Jahr 2024, dritte im Jahr 2030 und vierte wenn »der Emissionspfad zur Erreichung der Ziele des Paris Abkommens erreicht ist«.

Auch bei dem Thema, das den Entwicklungsländern besonders am Herzen liegt, der finanziellen Unterstützung bei Verlusten und Schäden in Folge der Klimaerwärmung, wurden keine substantiellen Ergebnisse erzielt. Die Entwicklungsländer bestehen darauf, dass dafür ein neuer eigenständiger Fonds geschaffen werden muss, in dessen Rahmen dann alles Weitere ausgehandelt wird. Die Industriestaaten wollen hingegen erst über die verschiedenen Ursachen für Verluste und Schäden reden, wie Stürme, Dürren oder den ansteigenden Meeresspiegel, und dann spezifische Instrumente entwickeln, falls dies erforderlich ist.

Einig sind sich die Länder nur darin, dass dieses Thema äußerst dringend ist, aber ohne einen Konsens bezüglich des weiteren Vorgehens lassen sich keine Lösungen entwickeln. Zudem sind sich die Entwicklungsländer untereinander uneinig, wer für Verluste und Schäden aufkommen soll. Die kleinen Inselstaaten wollen, dass auch Länder wie China dafür bezahlen, schließlich hat das Land historisch gesehen die zweitmeisten Emissionen verursacht. »Ich denke nicht, dass es einen Freifahrtschein für irgendein Land gibt«, sagte der Sprecher dieser Länder, der Premierminister von Antigua und Barbuda, Gaston Browne. Doch China lehnt das ab und will höchstens »freiwillige« Beiträge leisten.

Der ägyptische Außenminister und COP-Präsident Sameh Shoukry bügelte unterdessen internationale Proteste gegen Menschenrechtsverletzungen in seinem Land ab. Gegenüber der Nachrichtenagentur AP sagte er: »Ich konzentriere mich darauf, die Bedeutung der COP hervorzuheben. Andere Themen, die nicht direkt mit dem Klima zu tun haben, könnten von dieser Aufmerksamkeit ablenken.« Etwas entgegenkommender zeigte er sich bei praktischen Fragen. In den ersten Tagen war nicht genug Wasser da und das Catering war nur zu horrenden Preisen erhältlich. So kostete ein Sandwich zwölf Euro und COP-Teilnehmer verglichen die Konferenz mit der Filmreihe »Hunger Games«. Dass diese Preise unangemessen hoch sind, sahen schließlich auch die ägyptischen Gastgeber ein und senkten sie um die Hälfte.

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