• Berlin
  • Volksentscheid Berlin 2030 klimaneutral

Wahlkabinen kann man sich auch ausleihen

Gutachten hält Zusammenlegung von Wahl und Volksentscheid Klimaneustart für möglich

  • Yannic Walther
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Dienstag will der Senat entscheiden, ob der Volksentscheid Klimaneustart zusammen mit der Berliner Wiederholungswahl am 12. Februar 2023 stattfinden wird. Die Chancen stehen alles andere als gut. Zuletzt wurden vor allem von der zuständigen Innensenatorin Iris Spranger (SPD) organisatorische Gründe genannt, die eine Zusammenlegung praktisch nicht umsetzbar machen würden.

Auch Landeswahlleiter Stephan Bröchler sprach sich gegen eine Zusammenlegung aus, weil dies die Gefahr eines erneuten Wahlchaos bergen würde. Die Initiative, die, wie am vergangenen Dienstag bestätigt wurde, im November genug Unterschriften zur Herbeiführung eines Volksentscheids eingereicht hat, will sich damit aber nicht zufrieden geben.

Das ist mehr als verständlich, ist doch zu befürchten, dass bei getrennten Terminen für Wahl und Volksentscheid am Ende nicht genügend Wahlberechtigte an letzterem teilnehmen und somit das Quorum von mindestens 613 000 Ja-Stimmen verpasst wird. Auch das Abstimmungsgesetz Berlins sieht vor, dass Volksentscheide zusammen mit einem Wahltermin stattfinden, sofern das möglich ist. »Bei einer derart eindeutigen gesetzgeberischen Absicht sind hieb- und stichfeste Nachweise erforderlich, warum in unserem Fall davon abgewichen werden muss«, sagt Peter Kremer.

Der Verwaltungsrechtler, der auch Teil der sich für den Klimaschutz engagierenden Gruppe »Lawyers for Future« ist, hat für die Initiative Klimaneustart ein 27-seitiges Gutachten verfasst, mit dem er dafür argumentiert, dass keine Nachweise erbracht worden sind und eine Zusammenlegung von Wahl und Volksentscheid doch möglich ist. Kein Papier für die zusätzlichen Stimmunterlagen, keine Druckereien, die rechtzeitig bis zum Versand der Briefwahlunterlagen drucken können, nicht genügend Wahlkabinen und keine Zeit zur Stellungnahme für Parlament und Senat: Die Liste an Einwänden, die Kremer zurückweist, ist lang.

Ein zentrales Argument der Kritiker ist, dass die Briefwahlunterlagen für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und für die Bezirksparlamente bereits am 2. Januar versendet werden und diese Frist nicht einzuhalten wäre für die für den Volksentscheid notwendigen Unterlagen. Kremer sagt, dass letztere auch getrennt und spätestens am 18. Januar verschickt werden können, weil die Landeswahlordnung lediglich vorsieht, dass die Wahlberechtigten die Unterlagen 21 Tage vor der Wahl erhalten müssen.

Der Einwand, dass es zu wenig Papier für den Druck weiterer Unterlagen gebe, sei nicht nachvollziehbar. So hätten auf Nachfrage Druckereien angegeben, binnen 14 Tagen 2,8 Millionen Stimmzettel drucken zu können. Dass das Vergaberecht der rechtzeitigen Erteilung der Druckaufträge im Wege steht, hält Kremer ebenfalls nicht für ein Hindernis. So seien Aufträge in dringenden Fällen auch freihändig zu vergeben. Auch für die Ausarbeitung der Stellungnahme des Senats für die Informationsbroschüre sei ausreichend Zeit. Dass es am Wahltag dann an Wahlkabinen mangeln würde, sei auch nur vorgeschoben. Zusätzliche Kabinen könne man sich beispielsweise aus Leipzig ausleihen, diese würden dort zentral gelagert werden und stünden kurzfristig zur Verfügung.

Letztlich spreche für die Zusammenlegung von Volksentscheid und Wahl auch das Gebot der sparsamen Haushaltsführung, so Kremer. Getrennte Termine seien nicht zuletzt deshalb teurer, weil zweimal Wahlhelfer anrücken müssten. Dass sich der Senat am Dienstag von dem Gutachten beeindrucken lässt, ist indes wenig wahrscheinlich. Zumal Kremer die Schnelligkeit von Verwaltungsabläufen sehr optimistisch einschätzt.

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