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Partner, Konkurrent, systemischer Rivale
Nicht-Mitglied China steht im Mittelpunkt des EU-Asean-Gipfels in Brüssel
Es ist ein Jubiläum ganz besonderer Art, das da heute in Brüssel zelebriert wird, wenn der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, und der kambodschanische Ministerpräsident Hun Sen gemeinsam den EU-Asean-Gipfel eröffnen. Denn vor 45 Jahren nahmen beide Staatenbündnisse diplomatische Beziehungen auf, wenn auch unter ganz anderen Vorzeichen. Damals war der Asean ein antikommunistischer Machtblock, der sich vor allem gegen den Einfluss der Sowjetunion und Chinas richtete. Mittlerweile sind dort Staaten wie Vietnam oder Laos Mitglieder, die noch von einer kommunistischen Partei regiert werden. Die Sowjetunion gibt es nicht mehr, dafür ist China mächtiger als je zuvor. Der Asean, kurz für Verband Südostasiatischer Nationen, ist nun ein Verbund von zehn Staaten mit mehr als 600 Millionen Einwohnern. Trotz unterschiedlichster wirtschaftlicher Voraussetzungen streben die zehn Staaten einen gemeinsamen Wirtschaftsraum nach EU-Vorbild an. Während Mitgliedsstaaten wie Kambodscha oder Laos traditionell gute Beziehungen zu Peking pflegen, haben Länder wie die Philippinen oder Vietnam ein bestenfalls ambivalentes Verhältnis zur neuen Supermacht. Ungelöste Grenzkonflikte haben hier das Potenzial, jederzeit wieder aufzubrechen.
Der Brüsseler Gipfel ist das allererste Treffen »zwischen den Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten und der Asean-Mitgliedstaaten«, wie die Kommission betont und biete die Gelegenheit, die strategische Partnerschaft »erneut zu bekräftigen«. Tatsächlich hatten beide Seiten im Dezember 2020 beschlossen, ihre Beziehungen »zu einer strategischen Partnerschaft aufzuwerten«, wie es damals hieß. Die Bundesregierung wollte darin ein »klares Zeichen Europas und Südostasiens für den Multilateralismus« erkannt haben, dass die 37 Staaten noch enger miteinander verbinde. Auf dem Brüssler-Gipfel wollen beide Seiten auch den »Aktionsplan EU-Asean 2023-2027« besprechen, der diese Partnerschaft festigen soll und etwa eine »Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich« und ein Bekenntnis zum »nachhaltigen Handel« umfasst.
Die Region ist »aufgrund ihres wachsenden wirtschaftlichen, demografischen und politischen Gewichts zu einem wichtigen Akteur bei der Gestaltung der Weltordnung und der Bewältigung globaler Herausforderungen geworden«, heißt es in einer Erklärung der Kommission zur Indo-Pazifik-Strategie der EU, auf die man sich im vergangenen Jahr verständigt hatte. Vor allem aber sei die Region Schauplatz eines geopolitischen Wettbewerbs, so die Kommission, »der die zunehmenden Spannungen in Bezug auf Handel und Lieferketten sowie im technologischen, politischen und sicherheitspolitischen Bereich noch weiter verschärft«.
Auch wenn sich Brüssel scheut, die Akteure beim Namen zu nennen, ist doch klar, dass der neue Kalte Krieg zwischen den USA und China auch im geostrategischen Hinterhof Pekings geführt wird. Lange Zeit hoffte die Union, sich aus dem Konflikt heraushalten zu können. Insbesondere Länder mit guten Handelsbeziehungen zu China wie Deutschland wollen ihren riesigen Exportmarkt nicht verlieren. Doch die USA sind entschlossen, ihren geopolitischen Rivalen mit allen Mitteln zu bekämpfen. In der EU macht sich die Erkenntnis breit, dass die »Made in China 2025«-Strategie, mit der Peking die Technologieführerschaft in vielen Bereichen anstrebt, auch zulasten der europäischen Industrie gehen wird. Das nun von der Biden-Administration verhängte Chip-Embargo, welches die chinesische Wirtschaft vom Zugang zu extrem wichtigen Halbleitern abschneidet, hat ein ungeheures Eskalationspotenzial. Der Wirtschaftskrieg ist voll entfacht und als Folge dessen werden sich die Volkswirtschaften beider Staaten weiter entflechten. »Die Abkopplung zwischen den USA und China in Bereichen wie Hightech und Telekommunikation, Banken und Finanzen könnte die südostasiatischen Länder zwingen, schwierige Entscheidungen zu treffen«, erwartet der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Asean-Länder wie Thailand, Vietnam und Indonesien würden darauf spekulieren, »von der Produktionsverlagerung von China weg zu profitieren«, prophezeite Borrell bereits vor zwei Jahren. Der Spanier verwies in diesem Zusammenhang auf Japan, das diese Entwicklung fördere »durch die Vergabe umfangreicher Subventionen an heimische Hersteller, die ihre ausländischen Produktionsstandorte von China nach Südostasien verlegen«.
Für die EU ist China mittlerweile »Partner, Konkurrent und systemischer Rivale«, wobei zunehmend der Konkurrenzkampf und die Systemfrage in den Mittelpunkt rücken. Dabei sind viele Asean-Staaten auch keine lupenreinen Demokratien, um es vorsichtig zu formulieren. So betont der handelspolitische Sprecher von Die Linke im EU-Parlament, Helmut Scholz, gegenüber »nd«: »Der Wunsch ist groß, neue Wirtschaftspartner für die EU zu finden. Doch die Organisation von Asean-Abgeordneten für Menschenrechte (APHR) betonte immer wieder, wie sehr Demokratie und Menschenrechte in fast allen Staaten der Region unter Druck stehen.«
Tatsächlich regieren im vormals demokratischen Thailand die Militärs, in den Philippinen ist der Clan von Ex-Diktator Marcos wieder an der Macht. Kambodscha, Vietnam und Laos werden seit jeher autoritär geführt. Das politische System Malaysias befindet sich in einer tiefen Krise. Und Indonesien windet sich im Würgegriff der Islamisten, die dem Präsidenten Joko Widodo die Agenda diktieren.
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