- Politik
- Korruption in der EU
Findiges Findelkind
Der Richter Michel Claise legt sich mit den Mächtigen an
Der Mann, der das politische Brüssel derzeit in Atem hält, ist eigentlich ein feingeistiger Romancier. Denn der belgische Untersuchungsrichter Michel Claise ist nicht nur ein sehr erfolgreicher Ermittler, der gerade korrupte Netzwerke im EU-Parlament aufdeckt, sondern auch Romanautor. Zwölf Bücher hat er bislang veröffentlicht. Durchaus anspruchsvolle Literatur, die sich mit abwegigen Helden befasst. Da geht es etwa um einen Freiwilligen der Waffen-SS, der später zum Antirassisten wird. Es besteht also immer die Möglichkeit, dass der Saulus zum Paulus wird. Ein Untersuchungsrichter sei nie weit vom Schriftsteller entfernt, sagte der 66-Jährige einmal dem belgischen Magazin »L’Echo«. Tatsächlich bieten seine Enthüllungen über von Katar gekaufte EU-Parlamentarier*innen genug Stoff für einen neuen Roman. Ob er seine Ermittlungsakten als Vorlage für sein 13. Buch nutzen wird, ist nicht bekannt. »Wenn ich als Richter diese Unglücklichen vor mir sehe, die kein Glück im Leben hatten, dann berührt mich das … Und wenn ich diese großen Banker sehe, die zynisch darauf warten, dass es passiert, um davon zu profitieren, indem sie zu milderen Strafen verurteilt werden, weil unsere Justiz lax ist … ärgert es mich«, so Claise gegenüber »L’Echo«.
Ein starkes Gerechtigkeitsempfinden hat er, der Richter, der von seinen leiblichen Eltern in einem Körbchen ausgesetzt wurde. Beeinflusst von den französischen Humanisten kämpft der Freimaurer seit vielen Jahren einen schier aussichtslosen Kampf und legt sich dabei mit den Reichen und Mächtigen an. Der im Brüsseler Arbeiterviertel Anderlecht ausgewachsene Richter residiert im monströsen Justizpalast der belgischen Metropole. Von hier aus koordiniert er seine Ermittlungen, etwa gegen die britische HSBC-Bank, die als Folge seiner Arbeit fast 300 Millionen Euro Strafe zahlen musste. Dieser Mann gibt so schnell nicht auf und ruht erst, wenn er alle Schurk*innen überführt hat.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.