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Käfer gegen Autobahn
Bei Frankfurt am Main könnte nächste Woche eine Waldbesetzung geräumt werden
Nicht nur im nordrhein-westfälischen Lützerath könnte in der nächsten Woche eine Besetzung von Klimaktivist*innen geräumt werden. Auch bei Frankfurt am Main blicken Umweltschützer*innen entscheidenden Tagen entgegen. Sie protestieren seit langem gegen ein Verkehrsprojekt, das seine Ursprünge bereits in den 1960er Jahren hat.
Der Riederwaldtunnel soll im Osten der Stadt die Autobahnen 66 und 661 miteinander verbinden. Gut zwei Kilometer lang ist die Lücke, die geschlossen werden soll, etwas mehr als die Hälfte soll der Riederwaldtunnel ausmachen. Anhänger*innen des Projekts versprechen sich dadurch eine Entlastung für die Stadt. Auf einzelnen Straßen, die aus Frankfurt herausführen, soll dadurch der Verkehr abnehmen. Gleichzeitig gehen Prognosen davon aus, dass der Verkehr auf mehreren Straßen in die Stadt zunimmt. Die durch den Tunnel versprochene Entlastung gilt jedenfalls als unsicher.
Widerstand gegen den Riederwaldtunnel gibt es seit Jahrzehnten. Schon in den späten 1980er Jahren sorgte massive Kritik für Änderungen an den Planungen. Auch heute sind mehrere Bürgerinitiativen gegen das Autobahnprojekt aktiv. Sie kritisieren unter anderem einen massiven Verlust an Lebensqualität, der mit dem Riederwaldtunnel einherginge. Naherholungsgebiete wie der Fechenheimer Wald, das Teufelsbruch und der Riederwald würden durch das Autobahnprojekt zerstört oder in ihrer Qualität massiv gemindert. Auch sei »die Politik der 70er Jahre mit Highways in Großstädten grandios gescheitert«, heißt es in einem Flugblatt der BI Riederwald. Eine zukunftsfähige Verkehrspolitik müsse »grün« sein.
Seit mehr als einem Jahr protestieren Aktivist*innen auch im Fechenheimer Wald gegen dessen drohende Rodung. Sie haben deshalb Baumhäuser und Tripods errichtet, in denen sie leben. Ab dem 6. Januar hat die Autobahn GmbH des Bundes als Eigentümerin den Wald allerdings für die Öffentlichkeit gesperrt. In einem Schreiben heißt es: »Die Autobahn-GmbH untersagt die Nutzung der Flächen, insbesondere auch den dauerhaften und auch nur vorübergehenden Aufenthalt in den dort errichteten Baumhäusern und sonstigen Einrichtungen.« Für Personen, die sich im Rodungszeitraum, der erstmals bis Ende Januar angesetzt ist, im Wald befänden, bestehe Lebensgefahr.
Die Besetzer*innen sehen die konkrete Räumungsgefahr, verweisen aber auch auf einige Unklarheiten. Ein Betretungsverbot müsse eigentlich zwei Wochen vor Inkrafttreten öffentlich angekündigt werden, das sei bislang nicht der Fall. Auch eine von der Polizei gewünschte Sperrzone sei bislang von keiner Behörde genehmigt worden, eine Allgemeinverfügung zur Räumung gebe es bislang auch noch nicht.
Für den kommenden Montag hat die Polizei außerdem Vertreter der Zivilgesellschaft, der Stadt und der Autobahn GmbH zu einem Gespräch eingeladen. Dabei soll über den Ablauf der Räumung beraten werden. Die Waldbesetzer*innen nennen die aktuelle Informationslage widersprüchlich, verweisen aber auf eine Mahnwache auf der Rodungsfläche, die noch bis zum kommenden Mittwoch mit der Versammlungsbehörde abgesprochen ist. Um den gesellschaftlichen Druck gegen die Räumung zu erhöhen, rufen die Besetzer*innen und die Bürgerinitiativen für den kommenden Samstag zu einer Demonstration für den Erhalt des Fechenheimer Waldes in der Frankfurter Innenstadt auf.
Dass es das jetzt akut von der Rodung bedrohte Stück des Fechenheimer Waldes überhaupt noch gibt, ist dem Großen Eichenbock alias Heldbock zu verdanken, einem in Deutschland vom Aussterben bedrohten Käfer. Ursprünglich sollte die Rodung bereits im vergangenen September stattfinden. Doch im Sommer hatte ein Waldbesetzer ein Exemplar der Insektenart bemerkt und gefilmt. Ein Experte wurde zurate gezogen und die Existenz des Käfers im Wald nachgewiesen. Daraufhin forderte John Dippell, Vorstandssprecher des Bundes für Umwelt und Naturschutz Frankfurt, den Erhalt des Waldes. »Auch in Anbetracht der extremen Schäden in anderen Teilen des Stadtwalds darf nicht zugelassen werden, dass ein Teil dieses gesunden Waldes für ein Stück Autobahn geopfert werden soll.«, so der Umweltschützer.
Die Autobahn GmbH ließ daraufhin ein eigenes Gutachten erstellen. Ergebnis: In mehr als 1200 Eichen im Fechenheimer Wald könnte der Heldbock vorkommen. 47 Bäume liegen in dem Gebiet, das abgeholzt werden soll. Sie sollen bei der Rodung nun nicht angetastet werden. Die geplanten Baustraßen sollen drumherum führen. Ein weiteres Gutachten soll dann den Bestand klären und eine Rodung noch ermöglichen. Der BUND lässt das Gutachten der Autobahn GmbH derzeit prüfen und wird eventuell gerichtlich dagegen vorgehen. Viele Käfer und ein paar Waldbesetzer*innen haben also noch die Möglichkeit, den Autobahnbau zu stoppen.
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