Weniger Fallpauschalen

Bei der geplanten Krankenhausreform einigen sich Bund und Länder auf den nächsten Schritt

Für die dringend notwendige Krankenhausreform in Deutschland gibt es nun schon mehr als den Vorschlag einer Expertenkommission vom letzten Dezember. Am Freitag konnte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vor die Presse treten und nach einer Video-Schalte mit den Länderkollegen verkünden, dass man sich darauf geeinigt habe, bis zum Sommer einen gemeinsamen Gesetzesentwurf in der Frage vorzulegen. Doch das ist zunächst nur ein ehrgeiziger Plan.

Dass hier Länder und Bund gemeinsam Hand anlegen, ist erst einmal eine gute Idee: Denn die Länder verantworten sowohl die Krankenhausplanung als auch die Investitionskosten der Kliniken – und damit eine Säule der Finanzierung. Erst wenn ein Krankenhaus in die Landesplanung aufgenommen wurde, sind die Krankenkassen verpflichtet, die Kosten zu erstatten. Das ist die zweite Finanzierungssäule. Dieser duale Ansatz existiert seit 1972. Obwohl er (neben anderen Faktoren) die auskömmliche Existenz der Krankenhäuser immer weniger sichert, soll das im Grunde so bleiben.

Die Länder entscheiden also, wo eine Klinik gebaut, erweitert oder geschlossen wird. Die Kosten für Investitionen tragen sie aber nur zu Teilen, entgegen ihrer gesetzlichen Verpflichtung. Das heißt, dass die Krankenhäuser Neu- und Umbauten wie auch Sanierungen irgendwie, zumindest in Teilen, aus den laufenden Einnahmen finanzieren müssen. Auch aus diesem Grund wurde in den letzten Jahrzehnten am Personal gespart, in der Pflege, aber auch bei anderen Professionen.

Aktuell wird dieser Teil des Themas Krankenhausfinanzierung aber eher hinten angestellt. Darauf im Zusammenhang mit der Reform angesprochen, äußerten sich die Ressortchefs von Nordrhein-Westfalen, Karl-Josef Laumann (CDU) und von Niedersachsen, Daniela Behrens (SPD), ausweichend. Beide verwiesen darauf, irgendwie schon mehr zu zahlen als zuvor, unter anderem über ein »Sondervermögen für die Unikliniken Hannover und Göttingen« oder über die bereits gestartete NRW-Krankenhausreform. Was fehlt, wäre eine entschlossene Absage an die Zahlung der Investitionen im vollen Umfang – oder eben ein Bekenntnis dazu. Es scheint aber, dass niemand eine solche klare Entscheidung in einer konfliktgeladenen Angelegenheit wie der Sicherung der Krankenhäuser riskieren will. Die Länder wollen offenbar weiter die Planung in der Hand behalten, aber bloß nicht an ihre Pflichten bei den Investitionen erinnert werden.

Karl Lauterbach hat ihnen den Weg dafür quasi noch einmal freigemacht. Gemeinschaftlich wird der Anschein erweckt, dass mit dem Zurückfahren und vielleicht auch der Abschaffung der Fallpauschalen alle Probleme der stationären Versorgung zu lösen wären. Entökonomisierung ist das neue Schlagwort, das auch der Bundesminister gern in den Mund nimmt, die Medizin solle wieder in den Vordergrund gestellt werden.

Die Expertenkommission hat nur ein grobes Gerüst vorgegeben: Die Kliniken werden einem von drei Versorgungslevels zugeordnet. Das sind wohnortnahe Kliniken zur Grund- und Notfallversorgung, Häuser mit »Regel- und Schwerpunktversorgung« und sogenannte Maximalversorger wie Unikliniken. Hier könnten kleine und mittlere Krankenhäuser die Verlierer sein, unabhängig davon, in welchem Maße sich Bundesländer schon um sinnvolle Kooperationen und Spezialisierungen gekümmert haben. Welche Häuser müssten schließen? Muss das überhaupt geschehen? Genau das ist der Punkt, vor dem in der Länderpolitik und erst recht auf Ebene von Kommunen oder Landkreisen zurückgeschreckt wurde, ohne eine Finanzierungsalternative zu haben. Möglicherweise lässt sich absehbar mit den geplanten Vorhaltepauschalen einiges retten, vermutlich aber nicht jedes Haus. Aus den Bundesländern kamen sofort Abwehrreaktionen, ein Krankenhausschließungsprogramm werde es nicht geben. Alle Krankenhäuser müssten erhalten werden, über Versorgungsstufen sei zu reden.

Die Fallpauschalen sollen in Zukunft nur zu einem gewissen Prozentsatz zu den Erlösen beitragen, der Rest wird über Vorhaltepauschalen finanziert. Bei letzteren handelt es sich um Gelder, die nicht für Leistungen, sondern für die Vorhaltung von Personal und Technik fließen. Die Anteile beider Pauschalen sind noch nicht fix, darauf müssen sich Bund und Länder noch einigen. Weniger Fallpauschalen hieße, dass mehr Geld in bisher unterfinanzierte Bereiche kommt, dass komplizierte Fälle nicht zu Verlusten führen. Eine weiter alternde Bevölkerung bedeutet mehr Patienten mit mehreren Krankheiten – Konstellationen, die von den Fallpauschalen kaum abgebildet wurden. Hier könnte es eine Entlastung geben. Unklar bleibt dennoch, woher mehr qualifiziertes Pflegepersonal kommen soll. Die Reform kann, neben anderen komplizierten Fragen, aber auch nur erfolgreich sein, wenn Krankenhäuser nicht mehr unter Gewinnerzielungsdruck stehen. Dazu müssten früher oder später Privatisierungen rückgängig gemacht werden, davon war bislang aber noch nicht die Rede.

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