Ein wenig Ermutigung

Jochen Weichold hat einen Abriss der Linke-Startphase vorgelegt

Nichts hat Die Linke wohl so dringend nötig wie Ermutigung. Der Partei geht es nicht gut; sie ist strapaziert von inneren Auseinandersetzungen wie von äußeren Herausforderungen. Beides hängt miteinander zusammen, denn eigenständige, dem sozialistischen Anspruch gerecht werdende Antworten und Haltungen zu Ukraine-Krieg, Klimawandel, Energiekrise und anderem mehr zu finden, das erweist sich als schwierig und widersprüchlich. Inhaltliche Klärungsprozesse brauchen Zeit, die eine Partei in der Krise eigentlich nicht hat, zumal sich zunächst Fronten verhärten, Spaltungsdebatten geführt werden, Mitglieder und Wähler die Freundschaft kündigen.

In solchen Kämpfen wird gelegentlich die Mahnung vorgebracht, sich auf das Gemeinsame, das Verbindende zu besinnen. Dafür bietet sich die Broschüre »Der Aufstieg der neuen Partei Die Linke« von Jochen Weichold an, die von der Rosa-Luxemburg-Stiftung veröffentlicht wurde. Der Autor nahm den 15. Jahrestag der Parteigründung im Sommer 2007 zum Anlass, um die ersten Schritte, die Debatten und Entwicklungen der Partei nachzuzeichnen, die schon zwei Jahre vor ihrer Gründung als Liste Linkspartei.PDS für ein furioses Wahlergebnis gesorgt hatte.

Es ist eine akribische Zusammenfassung, beinahe eine Chronologie, die noch einmal die Schwierigkeiten und Befindlichkeiten der Anfänge deutlich macht. Was auch Menschen, die damals dabei waren, manches Aha-Erlebnis bescheren dürfte – denn im Rückblick erscheint einerseits die Fusion von PDS und WASG zur Linkspartei geradezu folgerichtig, und andererseits wird erkennbar, dass trotz der Euphorie des Aufbruchs gravierend unterschiedliche Positionen in dieser linken Sammlungsbewegung aufeinanderprallten.

Wobei man sagen muss: Was auf den Zeitraum folgte, der in Weicholds Broschüre behandelt wird, muss zumindest als problematische Entwicklung bezeichnet werden. Er selbst deutet es in seinen einführenden Bemerkungen an: Als Führungsfiguren der Linken – Lothar Bisky, Oskar Lafontaine – sich zurückzogen, traten die inhaltlichen Widersprüche deutlicher zutage und führten zu Auseinandersetzungen, die durch die großen Krisen der folgenden Jahre bis heute noch verschärft wurden. Neue identitätspolitische Themen- und Konfliktfelder machten die Debattenlage noch schwieriger.

All das bietet genügend Stoff für weitere Überblicksbände zur Lage der Linken – Weichold hatte vor zwei Jahren schon ein ähnliches Kompendium über das erste Jahr der PDS 1989/90 vorgelegt. Wer noch einmal reflektieren möchte, wie es begann mit der Linkspartei; wer sich daran erinnern will, dass und warum Leute einmal gut zusammengearbeitet haben, die heute zumindest als zerstritten gelten; wer sich auch dafür interessiert, wie und warum die Linke vor 15 Jahren eine Erfolgsgeschichte wurde, wenngleich die bis heute währenden Differenzen in jener Zeit wurzeln, der möge zu Weicholds Broschüre greifen. Denn wie gesagt und bei allen Problemen: Ein wenig Ermutigung täte der Linken ganz gut.

Jochen Weichold: Der Aufstieg der neuen Partei Die Linke. Die Anfangsjahre der Partei Die Linke von 2007 bis 2009. Manuskripte Neue Folge, Heft 33, Rosa-Luxemburg-Stiftung; zu bestellen bei der RLS.

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