- Kommentare
- Vernachlässigte Krisen
Afrika in der ersten Reihe
Martin Ling über die vernachlässigten Krisen der Welt
Die Klage der Hilfsorganisation Care ist berechtigt: Angesichts des Ukraine-Krieges drohten viele andere Notstände bei der Berichterstattung in den Hintergrund zu rücken. Die Kritik der Vernachlässigung müssen sich nicht nur die Medien ankreiden lassen, sondern auch die Politik. Der Ukraine-Krieg verstärkt auch hier nur eine Tendenz, die es vorher schon gab.
Medial vernachlässigte Krisen sind nichts Neues, und mit schrumpfenden Ressourcen für Vor-Ort-Berichterstattung von den Öffentlich-Rechtlichen bis hin zum »nd« lässt sich fundierte Krisenberichterstattung aus erster Hand auch nicht bewerkstelligen.
Das Neue an der Liste von Care ist, dass sich unter den Top zehn der Unterberichterstattung nur afrikanische Länder befinden. Über Syrien, Afghanistan und selbst Jemen wird demnach noch mehr in den Medien berichtet. Zu den medial und politisch vernachlässigten Krisen gehören sie nichtsdestotrotz.
Dass Äthiopien nicht auf der Liste steht, verdankt es dem Krieg, der vom November 2020 bis November 2022 tobte und laut Schätzungen rund eine halbe Million Menschen das Leben gekostet hat. Die meiste Zeit hatten weder Journalisten noch humanitäre Helfer dort legalen Zugang.
Ohne Krieg könnte Äthiopien in der nächsten Liste wieder auftauchen. Denn die 22 Millionen Hungernden sind weniger von medialem Interesse. Und die große Politik hat sich nicht einmal für den Krieg sonderlich interessiert. Auch nicht die deutsche Außenpolitik vor und seit Baerbock. Von der deutschen Außenministerin, die derzeit in Äthiopien weilt, gab es während des Krieges nichts außer zwei allgemeinen Twitter-Statements mit Friedensappellen und ein Lob für die Friedensbemühungen der Afrikanischen Union. Das ist beim Ukraine-Konflikt ganz anders.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.