Regierung will Ausbildung und Einwanderung fördern

Bundestag debattierte Fachkräftestrategie der Bundesregierung

Ihre sogenannte Fachkräftestrategie will die Ampelkoalition als komplexes Gebilde verstanden wissen. Erst vergangene Woche hatte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) seinen Plan einer bezahlten Ausbildungszeit für Beschäftigte vorgestellt. Damit sollen Unternehmen die Möglichkeit bekommen, bereits im Betrieb Beschäftigte weiter zu qualifizieren und so deren Potenziale und Erfahrungen besser zu nutzen.

Am Freitag stellte die Regierung ihr Gesamt-Maßnahmenpaket zum Abbau des insbesondere von der Industrie, aber auch von Klinik- und Pflegeheimbetreibern beklagten Personalmangels im Bundestag zur Debatte. Ein wesentlicher Bestandteil ist die geplante Novelle des erst Anfang 2021 in Kraft getretenen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes. Damit will die Regierung Unternehmen die Anwerbung qualifizierten Personals im Nicht-EU-Ausland erleichtern. Bisher müssen Menschen, die zur Aufnahme eines Jobs nach Deutschland kommen wollen, zahlreiche Voraussetzungen erfüllen. Hier sollen einige Hürden gesenkt werden. Das neue Gesetz will das Kabinett nach Angaben von Heil im März beschließen.

Der Arbeitsminister erinnerte bei der ersten Beratung der Fachkräftestrategie im Parlament daran, dass dem deutschen Arbeitsmarkt bis zum Jahr 2035 sieben Millionen Arbeitskräfte fehlen werden. »Wenn wir jetzt nicht alle Register ziehen, droht Fachkräftemangel zu einer dauerhaften Wachstumsbremse in Deutschland zu werden«, warnte er. Und beteuerte, der Regierung gehe es vor allem um zeitgemäße Ausbildung, Verbesserung der Arbeitsbedingungen, um mehr Inklusion und bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Aber, so Heil: »Wenn wir all diese inländischen Register gezogen haben, brauchen wir trotzdem zusätzlich qualifizierte Zuwanderung, um unsere Volkswirtschaft am Laufen zu halten.«

Die rechte AfD sieht durch das Vorhaben zur Erleichterung der Arbeitsmigration den sozialen Frieden gefährdet. Der CDU-Politiker Marc Biadacz bemängelte hingegen, dass auch das neue Gesetz – das alte hatte seine Partei maßgeblich mit auf den Weg gebracht – nicht dafür sorgen werde, dass »unnötige Bürokratie, fehlende Digitalisierung und lange Wartezeiten« der Vergangenheit angehörten.

Die Linke sieht im Gesamtpaket indes Chancen. »Wenn die Bundesregierung mit ihrer Fachkräftestrategie nun endlich Menschen eine echte Chance am Arbeitsmarkt und guter Arbeit den Vorrang gibt, dann hat sie die Linke an ihrer Seite«, sagte die Arbeitsmarktexpertin der Linksfraktion, Susanne Ferschl. Mit Blick auf die Pläne zur Erleichterung der Einwanderung kritisierte sie jedoch: »Hören Sie auf, Menschen nach ihrer wirtschaftlichen Verwertbarkeit zu beurteilen. Die einen, die Sie gerne haben möchten und die anderen, die Sie am liebsten über das Meer zurückschicken würden.«

Der Grünen-Bildungsexperte Kai Gehring hob die geplante stärkere Förderung von Weiterbildungen hervor. »Diese Koalition schafft endlich bessere Bedingungen für lebenslanges Lernen.« Hierbei seien allerdings auch die Unternehmen selbst gefragt, mahnte Natalie Pawlik (SPD). Die von Hubertus Heil präsentierte Idee einer Bildungszeit setzt das Einverständnis des Arbeitgebers voraus. Stimmt dieser zu, könnten Beschäftigte bald für bis zu ein Jahr Unterhalt von der Bundesagentur für Arbeit bekommen, um neue Qualifikationen zu erwerben.

Vertreter von Unternehmerverbänden lehnen Heils Vorschlag allerdings ab. Vor allem sehen sie »noch mehr teure Bildungsbürokratie«, wie es der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, nannte. Außerdem, so Kampeter gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, solle das Geld der Arbeitslosenversicherung, das von den Beitragszahlern stamme, »bitte nur für etwas ausgegeben werden, was konkret den Beschäftigten und den Betrieben hilft«. Kampeter findet das Vorhaben von Heil zudem »sozial unausgewogen«. Er kritisiert: »Für Geringqualifizierte, die wenig verdienen, ist die Bildungszeit unattraktiv. Dabei haben gerade sie häufig Weiterbildungsbedarf.«

Die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier, mahnte, eine gute Aus- und Weiterbildung sei ein Schlüssel gegen den Personalnotstand in den Gesundheits-, Pflege und Erziehungsberufen. Diese müssten bei den Reformplänen der Regierung eine zentrale Rolle spielen, sagte Engelmeier den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Insbesondere müsse die Ausbildungsvergütung erhöht werden. Außerdem verhinderten Minijobs die Ausweitung von Arbeitszeiten, kritisierte Engelmeier. Die von der Ampel beschlossene Anhebung der Minijobgrenze auf 520 Euro monatlich sei deshalb falsch und müsse dringend rückgängig gemacht werden.

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