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Bewaffnete Heuchelei
Aija Kalnaja steht im Einklang mit den Werten der EU
Berichte über Fehlverhalten »gehören der Vergangenheit an«, meldete Frontex, nachdem Aija Kalnaja im Herbst kommissarisch das Amt der Direktorin übernahm. Die aus Lettland stammende 53-Jährige folgte auf Fabrice Leggeri, gegen den die EU-Anti-Betrugsbehörde ermittelt hatte und der Menschenrechtsverletzungen als DNA von Frontex betrachtete.
Kalnaja kam nach einer Episode als Laborantin für Mikrobiologie zur lettischen Polizei, wo sie nach zehn Jahren die Leitung des Sirene-Büros übernahm. Das ist das polizeiliche Verbindungsbüro, das Schengen-Staaten für die internationale Zusammenarbeit einrichten müssen. Als Polizeiattachée sammelte sie in Großbritannien internationale Erfahrungen, bevor sie bei Frontex Karriere machte. Dort erhielt sie bald den Posten als Vizedirektorin und war fortan für das neue Grenzkorps zuständig. Mithin für die erste und einzige Polizeitruppe, die von der EU uniformiert und mit Pistole, Schlagstock und Reizgas ausgerüstet wird. Sie soll auch in afrikanischen Staaten die Migrationsabwehr für die Festung Europa besorgen.
Nach dem Rücktritt von Leggeri bewarb sich auch Kalnaja als Chefin, jedoch erfolglos, denn das kommissarisch übernommene Amt muss sie im März an den niederländischen Gendarm Hans Leijtens abgeben. Dass Kalnaja weiterhin nur Vizedirektorin bleibt, mag am »Spiegel« gelegen haben, der berichtete, dass die EU-Anti-Betrugsbehörde nicht nur gegen Leggeri, sondern auch gegen Kalnaja ermittelte.
Die EU-Kommission wusste davon, als sie die Lettin für den endgültigen Chefinnenposten vorschlug, schreibt das Magazin jetzt und fragt rhetorisch, ob dies, wie in der Stellenausschreibung gefordert, »im Einklang mit den Werten der EU« stehe. Ja, denn zu diesen Werten gehört die Heuchelei, wenn es um die Migrations- und Nachbarschaftspolitik geht. Der Aufbau einer bewaffneten Grenztruppe, die von Kalnaja kommandiert wird, ist hierfür Beleg.
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