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Sparsamer fliegen dank Haifischhaut
Spezielle Folien verringern den Reibungswiderstand
Geht es um Innovationen für den Klimaschutz, richten sich die Blicke in der Luftfahrt meist auf die Entwicklung neuer Antriebstechniken. Dabei kommt es auch im Kleinen immer wieder zu Verbesserungen, die sich auch aus der Natur abschauen lassen.
Es gibt verschiedene Wege, um die CO2-Emissionen bei Verkehrsflugzeugen zu senken und gleichzeitig den Kraftstoffverbrauch zu reduzieren. Eine Möglichkeit ist die Entwicklung sparsamerer Triebwerke. Hier ist das Potenzial noch nicht ausgeschöpft, wie in jüngster Vergangenheit die Indienststellung der neuen PW-1000-Motorenbaureihe von Pratt & Whitney gezeigt hat, die unter anderem an der Airbus-A320neo-Flugzeugfamilie zum Einsatz kommt.
Daneben bietet aber auch die Technik des Flugzeugs selbst immer noch Potenzial für Verbesserungen. Ein Ansatz dabei: der Reibungswiderstand des Flugzeugs. Je geringer dieser in der Luft ist, desto niedriger fallen auch der Treibstoffverbrauch und damit die Abgasemissionen aus.
Verbesserungen mit Bionik
Vorbild bei der Optimierung der Technik ist immer wieder die Natur. Unter dem Stichwort Bionik werden seit Jahren neue Techniken erforscht und schließlich auch in der Praxis angewendet, bei denen Wissenschaftler und Ingenieure von Vorbildern aus der Natur lernen. So ist zum Beispiel die Haut von Haifischen für ihren extrem geringen Reibungswiderstand bekannt. Es liegt also nahe, deren Struktur zu analysieren, um daraus Erkenntnisse für den Bau von Flugzeugoberflächen zu gewinnen.
Mitarbeiter von BASF und Lufthansa Technik haben das jahrelang gemacht. In einem Gemeinschaftsprojekt ist ihnen nun der Durchbruch gelungen. Sie konnten nicht nur das Geheimnis der Haifischhaut lüften, sondern haben auch einen Oberflächenfilm entwickelt, der der feinen Struktur der Haut nachempfunden ist. Eine erste Maschine in der Lufthansa-Unternehmensgruppe fliegt damit bereits im Liniendienst. 22 weitere sollen folgen.
Bei Aeroshark handelt es sich um Folien, die auf die Maschinen aufgebracht werden. Deren Oberflächenstruktur besteht aus rund 50 Mikrometer großen Rippen, den sogenannten Riblets. Der gesamte Film setzt sich aus einzelnen Elementen zusammen, die eine Größe von 100 mal 50 Zentimetern haben, je nach dem Ort, an dem sie angebracht werden, aber auch zugeschnitten werden. Aufgebracht auf der Boeing 777 hat die Folie ein Gewicht von 140 Kilogramm.
Durch die Folie wird insgesamt weniger Treibstoff benötigt. Mit der Beklebung von insgesamt 950 Quadratmetern Außenfläche einer Boeing 777-300ER kann jährlich eine Einsparung von rund 400 Tonnen Kerosin und mehr als 1200 Tonnen Kohlendioxid erreicht werden. Durch die Beklebung von mehr als 20 Flugzeugen soll bei der Lufthansa-Gruppe der CO2-Ausstoß um rund 25 000 Tonnen pro Jahr sinken, das entspricht 0,18 Prozent ihrer CO2-Emissionen im Jahr 2021, die die Gruppe auf 13,6 Millionen Tonnen beziffert.
Lufthansa Technik beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit dem Thema. Die Arbeiten begannen schon in den 90er Jahren an. Nach 2010 hatten Ingenieure die Idee, mittels Laser eine Struktur, die den Reibungswiderstand mindert, in den Lack einzubringen. Das brachte nicht den gewünschten Erfolg. Gleichzeitig entwickelte sich aber ein Kontakt zu BASF. Das Unternehmen beschäftigte sich sehr intensiv mit der Struktur von Oberflächen. Es entstand eine Zusammenarbeit, die schließlich zum Erfolg führte. BASF entwickelt und produziert dabei die eigentlichen Folien, deren Wirkung immer wieder in Strömungsversuchen untersucht und verbessert wurde.
Hohe Belastbarkeit erforderlich
Lufthansa Technik brachte in die Zusammenarbeit das Wissen um die strengen Anforderungen der Luftfahrt ein. So muss der Film der starken UV-Strahlung in großen Höhen ebenso standhalten wie extremen Temperaturunterschieden. Bei einem Verkehrsflugzeug folgt oft ein schneller Wechsel zwischen einem Aufenthalt bei 40 Grad, zum Beispiel am Boden in Dubai, und minus 60 Grad Celsius während des Flugs in großer Höhe.
Auf Basis dieses Wissens hat BASF bei der Entwicklung der Folie deshalb den Fokus auf extreme Widerstandsfähigkeit und Wetterfestigkeit gelegt. Es gab aber noch weitere Kriterien. Dazu gehörten die einfache Anbringung, eine unkomplizierte Reparaturfähigkeit und die Notwendigkeit, ohne Probleme Enteisungen der Maschinen und nasse Flugzeugwäschen durchzuführen. Angebracht werden die Folien von Lufthansa Technik.
Vor dem Einsatz im kommerziellen Luftverkehr mussten ein umfassender Testbetrieb und ein mehrmonatiges Zulassungsverfahren durchlaufen werden. Im Ergebnis hat die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) ein sogenanntes Supplemental Type Certificate (STC) und damit die Zulassung für den Einsatz an zwei Modelltypen der Boeing 777 erteilt.
Optisch ist der Film mit der Haifischhaut auf den Maschinen kaum zu sehen. Selbst Flugzeugspottern, die mit ihren Kameras als Hobby Verkehrsflugzeuge fotografieren, fallen die Veränderungen in der Regel nicht auf. Nur wer ganz genau weiß, worauf er achten muss, kann beim genauen Hinschauen eine leicht veränderte Lichtbrechung bemerken.
Lufthansa Technik arbeitet nicht nur für die Lufthansa-Gruppe, sondern bietet ihre Dienstleistungen Airlines weltweit an. Das Aeroshark-Projekt wird schon jetzt von zahlreichen Fluggesellschaften überall auf dem Globus beobachtet. Sollte es weiterhin so erfolgreich sein, dürften sich schon bald sehr viel mehr Airlines dafür interessieren.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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