Testfeld Westbalkan

Frontex führt bereits in vier Nicht-EU-Staaten Operationen durch

Von Frontex uniformierte Beamte der »Ständigen Reserve« bei einer Zeremonie.
Von Frontex uniformierte Beamte der »Ständigen Reserve« bei einer Zeremonie.

Einst wurde Frontex gegründet, um die EU-Mitgliedstaaten mit einer Außengrenze bei deren Überwachung zu unterstützen. Zu den Aufgaben dieser europäischen Grenz- und Küstenwache gehört seit jeher auch die Verbesserung von Kontrollen an Land sowie an Flug- und Seehäfen der EU. Mit der zunehmenden Externalisierung der europäischen Migrationsabwehr ab 2015 erwies sich der Zuständigkeitsbereich jedoch bald als zu eng. 2016 haben die Regierungen deshalb mit dem EU-Parlament beschlossen, in der Frontex-Verordnung erstmals »Aktionen auf dem Hoheitsgebiet von Drittstaaten« zu ermöglichen – vorbehaltlich der Zustimmung der dortigen Regierung.

Langfristig waren schon damals Einsätze in afrikanischen Ländern anvisiert, zunächst beschränkte sich die Kooperation jedoch auf Länder des Westbalkan. Notwendig ist dafür ein Vertrag zwischen dem betreffenden Staat und der EU über die Bedingungen für die Stationierung von Frontex. Verhandelt wird ein solches Statusabkommen von der EU-Kommission, die dafür von den Mitgliedstaaten ein Mandat erhält.

Ein erstes Statusabkommen schloss die Kommission 2019 mit Albanien, anschließend folgten Montenegro und Serbien. Gültig waren die Verträge jedoch erst, nachdem sie von den nationalen Parlamenten ratifiziert wurden und das EU-Parlament grünes Licht gab. In allen drei Ländern führt Frontex Operationen durch und entsendet dazu eine hohe zweistellige Zahl oder wie in Albanien sogar dreistellige Zahl an Personal.

Nach Ausbruch des Ukraine-Krieges hatte die EU-Kommission in nur wenigen Wochen außerdem ein Abkommen mit der Regierung der Republik Moldau abgeschlossen und Grenztruppen entsandt. Auch mit der Regierung in Bosnien-Herzegowina will die Kommission ein Statusabkommen schließen. Dieses dürfte aber spätestens an der fehlenden Zustimmung in den drei Parlamenten scheitern.

Sämtliche Abkommen werden derzeit ausgeweitet. Hintergrund ist die 2019 abermals geänderte Frontex-Verordnung, die Einsätze auch an Nicht-EU-Grenzen erlaubt. Operationen wären demnach auch an der Grenze Serbiens mit Bosnien-Herzegowina oder Montenegro möglich. Bei der Vereinbarung mit der Republik Moldau handelt es sich bereits um ein Abkommen neuen Typs. Außerdem hat nun auch Nordmazedonien einer erweiterten Frontex-Operation zugestimmt. Ab dem 1. April könnte dort ein erster Einsatz der EU-Grenztruppe starten.

Die Statusabkommen regeln die Exekutivbefugnisse des Frontex-Personals im jeweiligen Drittstaat, darunter auch die Anwendung von Gewalt. Ebenfalls mit der 2019er Verordnung wird Frontex erlaubt, eine eigene Grenztruppe mit insgesamt 10 000 Einsatzkräften aufzubauen. Für diese »Ständige Reserve« hat die Agentur bereits eine vierstellige Zahl an Polizisten rekrutiert. Auch diese werden im Rahmen der Statusvereinbarungen in Drittstaaten stationiert. Dort tragen sie dann eigens entworfene EU-Uniformen sowie von Frontex beschaffte Dienstwaffen, Schlagstöcke und Pfefferspray. Die entsandten Grenzpolizisten können aber aus den EU-Mitgliedstaaten stammen. Dann tragen sie Uniformen ihres Entsendestaates mit einer blauen Frontex-Armbinde.

Schließlich regelt die Statusvereinbarung auch die Immunität der im Ausland eingesetzten Beamten. Im Einsatzstaat sind sie demnach vor einer Strafverfolgung geschützt, sofern sich der Verstoß auf die dienstliche Tätigkeit bezieht. Die Frontex-Teammitglieder genießen dort zudem »uneingeschränkten Schutz« vor zivil- und verwaltungsrechtlicher Verfolgung. Der Nicht-EU-Staat haftet indes für Schäden, die ein Frontex-Teammitglied während einer »im Einklang mit dem Einsatzplan durchgeführten Aktion« verursacht.

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