Ukraine-Krieg: Jenseits der Phrasen

Wolfgang Hübner über die Papst-Äußerungen zum Ukraine-Krieg

Der Krieg in der Ukraine tobt seit mehr als einem Jahr. Ungeachtet der ungeheuerlichen Zerstörungen, der zahllosen Toten, Verletzten und Entwurzelten, der weltweiten krisenhaften Auswirkungen vermag niemand zu sagen, wann und wie dieser blutige Konflikt beigelegt werden kann. Nun hat sich der Papst zu Wort gemeldet und sich erneut als Vermittler angeboten. Bei aller Kritik an der katholischen Kirche – im Ukraine-Konflikt könnte sie im Gegensatz zu anderen als neutrale Institution auftreten, wenn sie von den Kriegsparteien und ihren jeweiligen Unterstützern akzeptiert wird.

Mit seinen Äußerungen zeigt sich Franziskus hellsichtiger als viele andere, die in der globalen Auseinandersetzung um die russische Aggression und den Abwehrkampf der Ukraine den Ton angeben. In diesen Krieg seien inzwischen alle Großmächte verstrickt, die für ihre imperialen Interessen kämpften, weswegen es sich um einen weltweiten Krieg handele, so der Papst. Der Kriegsschauplatz Ukraine sei ein Markt der Rüstungsindustrie geworden, auf dem Waffen verkauft und neue Systeme ausprobiert würden.

Das sind eigentlich Binsenweisheiten, wie sie auf nahezu jeden Krieg zutreffen, und doch heben sie sich wohltuend von all den Phrasen über die Verteidigung der Freiheit und den Kampf gegen das Böse auf beiden Seiten des Konflikts ab. Denn natürlich geht es – neben dem Existenzkampf der Ukrainer – um politische und wirtschaftliche Machtsphären. Egal, wie der Krieg ausgeht: Die Verschiebungen im globalen Machtgefüge werden Anlass für neue Konflikte sein, die Welt wird danach wohl nicht ruhiger und sicherer sein. Und zu befürchten ist leider, dass in Russland wie in der Ukraine die Gesellschaftssysteme nach diesem Krieg auf lange Sicht nationalistischer, undemokratischer und unsozialer sein werden als vorher.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -