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Kleiner Buchladen, großes Ziel

Generationenwechsel in der Oase für linke Literatur im Karl-Liebknecht-Haus

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.
Inhaber Göran Schöfer im Kleinen Buchladen
Inhaber Göran Schöfer im Kleinen Buchladen

»Da sind wir aber immer noch«, sagt Göran Schöfer, Inhaber des Kleinen Buchladens im Karl-Liebknecht-Haus. Es klingt stolz und dazu besteht aller Anlass. Denn in den 33 Jahren ihres Bestehens hatte die Oase sozialistischer Literatur in der altehrwürdigen Parteizentrale am Rosa-Luxemburg-Platz immer mal wieder schwer zu kämpfen. 2011 drohte das Aus, weil die Einnahmen die notwendigen Ausgaben nicht mehr deckten. Doch Genossen und Stammkunden wie der jüngst verstorbene Linke-Ehrenvorsitzende Hans Modrow oder der Bundestagsabgeordnete Jan Korte sammelten damals Unterschriften mit dem Ziel, den Laden zu retten – was auch gelang.

2012 übernahm der promovierte Germanist Göran Schöfer den Buchladen. Inzwischen ist er 63 Jahre alt und plant, in den Ruhestand zu treten. Noch in diesem Jahr möchte er das Geschäft an seine zwei jungen Mitarbeiter übergeben: die Buchhändler Wanja Nitzsche und Kim Just, 30 und 21 Jahre alt. Die beiden überlegen, für den Kleinen Buchladen eine Genossenschaft zu gründen. Aber so schnell lässt sich das nicht organisieren. »Das ist ein Ziel für den Fünf-Jahr-Plan«, erklärt Nitzsche, der in Prenzlauer Berg aufgewachsen ist. Kim Just wohnt im brandenburgischen Luckenwalde und pendelt von dort zur Arbeit.

Die jungen Leute erhalten bloß den gesetzlichen Mindestlohn, bedauert Inhaber Schöfer. Für größere Sprünge ist die wirtschaftliche Lage auch angesichts der Coronakrise nach wie vor zu unsicher. Während der Pandemie mussten in Berlin im Unterschied zu anderen Bundesländern die Buchläden zu keinem Zeitpunkt schließen – Kultursenator Klaus Lederer (Linke) sei Dank, sagt Schöfer. Trotzdem blieb die Kundschaft während der Lockdowns weitgehend aus, sodass der Laden zeitweise nur noch zwei Tage in der Woche geöffnet hatte. Nun braucht es ein krisenfestes Konzept für die Zukunft.

Auf etwas weniger als 50 Quadratmetern gibt es eine breite Palette an neuen Büchern, in einem extra Raum noch Antiquarisches – wovon sich in den Jahren der Pandemie zunächst die Werke von Marx und Engels gut absetzen ließen, zuletzt dann die von Lenin. Das Angebot ist letztlich auch nicht etwa auf einen Flügel der Linken zugeschnitten und damit verengt. So findet sich in der Auslage Sahra Wagenknechts umstrittenes Buch »Die Selbstgerechten« ebenso wie der Band »Klaus Lederer – Die Sterne über Berlin«, für das der Journalist Hans-Dieter Schütt mit dem Politiker gesprochen hat. Im Moment verkauft sich am besten »Im Krieg verlieren auch die Sieger« von Daniela Dahn. Das ist keine Überraschung. Bisher sind alle Titel der Schriftstellerin im Kleinen Buchladen stark nachgefragt gewesen.

Für Wanja Nitzsche und seine Kollegen ist es nicht irgendein Job, sondern eine Berufung. »Es ist keine Einstellungsvoraussetzung, dass man Parteimitglied ist. Aber es ist kein Zufall, dass wir es sind«, sagt er. »Wir wollen die Partei stärken.« Übrigens auch nach Feierabend. Schöfer gehört in seinem brandenburgischen Wohnort Rüdersdorf der Gemeindevertretung an, Nitzsche wurde in Mitte in den Linke-Bezirksvorstand gewählt.

Zwar gebe es in Berlin auch andere linksorientierte Buchhandlungen, sagt Nitzsche. Doch der Kleine Buchladen sei in seiner Art ohne Vergleich. Die Kunden kommen teils von weit her. Deshalb sei der Online-Versandhandel eigentlich auch keine Konkurrenz für sie. Zum Konzept sagt Nitzsche: »Das Bedürfnis nach politischer Bildung ist vorhanden. Diese Leute holen wir ab – jung und alt.« Und wenn die Kunden nicht in den Laden kommen, kommt der Laden zu ihnen. Ein Drittel des Umsatzes wird außer Haus gemacht, mit Büchertischen bei Parteiveranstaltungen, bei der Liebknecht-Luxemburg-Ehrung in Friedrichsfelde oder bei der Ostprodukte-Messe.

»Der Kleine Buchladen ist viel mehr als eine Anlaufstelle für linke Literatur. Er ist Begegnungsort, Geschichtswerkstatt und Bildungsplattform«, sagt Linke-Bundesgeschäftsführer Tobias Bank. Der Laden stehe in der Tradition der Arbeiterbewegung und ihrer Bildungsvereine. Außerdem, so Bank weiter, unterstütze das Kollektiv des Buchladens die Bundesgeschäftsstelle »mit Ideen und Tatkraft bei der Kulturarbeit – dafür bin ich sehr dankbar«.

Kleiner Buchladen, Weydingerstr. 14-16 in 10178 Berlin, geöffnet Mo.-Fr. von 10-18.30 Uhr, Tel.: (030) 24 72 46 83, kleinerbuchladen.de

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