Atom-U-Boote für die »pazifische Nato«

Rüstungsdeal beschlossen: USA, Großbritannien und Australien verärgern China

  • René Heilig
  • Lesedauer: 4 Min.
Ab 2032 soll auf U-Booten der Virginia-Klasse auch die australische Fahne wehen.
Ab 2032 soll auf U-Booten der Virginia-Klasse auch die australische Fahne wehen.

Flottenstützpunkt San Diego am Montag. US-Präsident Joe Biden, der australische Premierminister Anthony Albanese und dessen britischer Amtskollege Rishi Sunak hatten sich verabredet, um letzte Details eines gigantischen Rüstungsvertrages zu besprechen. Es geht um die Lieferung von Atom-U-Booten nach Australien. Das Land wird so das siebte sein, das über solche fürchterlichen Waffen verfügt. Sie sollen helfen, das 2021 zwischen Australien, dem United Kingdom und den United States geschlossene trilaterale Aukus-Bündnis voranzubringen. Angesichts von Chinas Vordringen in der indo-pazifischen Region wolle man gemeinsam in den Schutz der pazifischen Handelsrouten, aber auch in den von Fischgründen und maritimen Bodenschätze investieren, heißt es in Washington.

In Peking, wo gerade der große Volkskongress beschlossen hat, Chinas Verteidigung gegen die zunehmenden Aufdringlichkeiten des Westens auszubauen, kommt der U-Boot-Deal nicht gut an. Man wirft den Aukus-Ländern vor, ein pazifisches Wettrüsten und einen neuen Kalten Krieg zu schüren. Nicht nur Pekings Sicherheitsstrategen vergleichen den Aufbau des westlichen Militärbündnisses im Pazifik mit der Ausdehnung der Nato in Osteuropa. China, das selbst imperiale Machtansprüche stellt, liegt nicht falsch, wenn es den in San Diego geschlossenen Rüstungsdeal als neuerliche Herausforderung betrachtet.

Australien will fünf Atom-U-Boote

Experten der drei Vertragsstaaten haben eineinhalb Jahre streng geheime Gespräche geführt. Nun ist klar: Australien wird bis zu fünf der hochmodernen US-amerikanischen Angriffs-U-Boote der Virginia-Klasse kaufen. Es folgen Boote, die Briten und Australier gemeinsam bauen. Die Kosten, so Schätzungen, belaufen sich pro Kriegsschiff auf rund drei Milliarden US-Dollar. Schon 2032 könnte Canberras Flotte über die ersten Exemplare verfügen. Bereits fünf Jahre früher – auch das ist verabredet – werden Nuklear-Boote der US Navy den westaustralischen Hafen Perth als Basis nutzen können. Peking hatte die Australier mehrmals vor diesem Schritt gewarnt.

Die atomgetriebenen australischen U-Boote sollen die überalterte Collins-Klasse ersetzen. Ursprünglich hatte sich Thyssen-Krupp Marine Systems in Kiel um den Auftrag – für damals noch konventionelle Boote – beworben. Als jedoch in letzter Minute Frankreich den 50-Milliarden-Dollar-Deal an Land zog, freute man sich in Paris – zu früh, denn: Die USA und Großbritannien machten den potenziellen Käufern ein Angebot, das die nicht ausschlagen konnten. Präsident Emmanuel Macron schäumte vor Wut und intervenierte persönlich in Washington. Vergeblich.

Spannungen zwischen Canberra und Peking wachsen

Dort hat man nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass man China auf allen Ebenen als Top-Konkurrenten betrachtet. Canberras Außenpolitik dagegen ist eine Gratwanderung zwischen notwendigem ökonomischen Austausch mit China und der Bündnistreue zum Westen. Australien war die erste Nation, die 2017 ein Gesetz gegen sogenannte ausländische Einmischung verabschiedete und so dem chinesischen Telekommunikationsriesen Huawei die Geschäfte verdarb. 2020 löste der damalige konservative Premier Scott Morrison in China zusätzliche Empörung aus, als er vorschnelle Äußerungen über den Ursprung der Corona-Pandemie in Umlauf brachte.

China erhöhte den Zoll für australische Gerste und reduzierte alsbald auch noch die Einfuhr von australischer Kohle, von Rindfleisch, Wein und Hummer. Nach seinem Amtsantritt versuchte Albaneses Mitte-Links-Regierung Ruhe in die Beziehungen zu bringen. Außenministerin Penny Wong schüttelt Chinas Chefdiplomaten Wang Yi erst im vergangenen Dezember in Peking die Hand, nun wollte ihr Kollege vom Handelsressort in Chinas Hauptstadt reisen. Falls die Tour überhaupt stattfindet, so wird sie vermutlich nicht die gewünschten Ergebnisse bringen.

Ex-US-Admiral »Berater« der Australier

Der Rüstungsdeal wäre nicht »in der Norm«, gäbe es nicht auch Gerüchte über Geld, das quasi nebenbei den Besitzer wechselt. Die australische Regierung wurde bislang von mindestens einem Dutzend US-Experten »beraten«, damit sie nicht vor Unterzeichnung des U-Boot-Deals »abtaucht«. Derzeit ist eine Ein-Mann-Firma namens Briny Deep mit Sitz in Alexandria (Virginia) hilfreich. Sie gehört, so recherchierte die »Washington Post«, einem John M. Richardson. Der Vier-Sterne-Ex-Admiral ist ein erfahrener U-Boot-Mann und war bis 2019 Chief of Naval Operations und damit Mitglied der Vereinigten Stabschefs der USA. Laut US-Recht müssen pensionierte Militärangehörige die Genehmigung des Pentagon und des Außenministeriums einholen, bevor sie einen Job »im Interesse fremder Mächte« annehmen dürfen. Dass Richardson diese Erlaubnis erhielt, versteht sich von selbst.

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