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Lampedusa: Mehrere Boote im Mittelmeer verunglückt
Mehr als 3000 Geflüchtete auf Mittelmeerinsel Lampedusa gelandet
Lampedusa/Tunis. In den vergangenen zwei Tagen kamen allein auf der italienischen Insel Lampedusa mehr als 3000 Menschen an, wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa am Sonntag berichtete. Am Samstag erreichten demnach 1387 Menschen die kleine Insel, am Freitag sogar 1778 Menschen. Die Geflüchteten, unter ihnen viele Kinder, erreichten Lampedusa in mehreren Booten. Einigen Booten kamen das Seenotretterschiff »Louise Michel« sowie Patrouillenboote der italienischen Behörden zu Hilfe. Auch am Sonntag wurden weitere Ankünfte erwartet.
Acht Menschen kamen am Samstag auf dem Weg übers Mittelmeer in die EU ums Leben. Zwei kleine Boote waren in der Nähe von Malta in Seenot geraten – die acht geborgenen Leichen wurden in der Nacht zu Sonntag von der italienischen Küstenwache nach Lampedusa gebracht, wie Ansa weiter berichtete.
Der Bürgermeister von Lampedusa, Filippo Minnino, forderte unterdessen eine gemeinsame europäische Mission im Mittelmeer. »Europa und Italien müssen sich bewusst werden, dass im Mittelmeer Notstand herrscht. Es sterben weiterhin Frauen, Kinder und Männer«, sagte der Politiker laut Ansa.
Lampedusa liegt zwischen Sizilien und Nordafrika, von der tunesischen Küstenstadt Sfax ist die Insel knapp 190 Kilometer entfernt. Viele Menschen versuchen immer wieder mit Booten aus Tunesien und Libyen übers Mittelmeer nach Lampedusa, Malta, Sizilien oder aufs italienische Festland zu gelangen. Italien hat seit Anfang Januar nach offiziellen Zahlen mehr als 21 000 Bootsmigranten registriert – in den beiden Vorjahren waren es zu diesem Zeitpunkt jeweils etwa 6000.
Vor der Küste Tunesiens kamen bei einem erneuten Bootsunglück 29 Menschen ums Leben. Das Boot mit Dutzenden Migranten an Bord sei am Freitag gesunken, sagte ein Vertreter des Gerichts in Sfax. Auch in den Tagen zuvor seien bereits Boote verunglückt. Die tunesische Küstenwache barg sieben Leichen, darunter vier Kinder und ein Baby. Zahlreiche Menschen werden noch vermisst.
Viele Migranten versuchen die lebensgefährliche Überfahrt in oft seeuntauglichen Booten nach Europa von Tunesien aus. Es gilt als Transitland etwa für Migranten aus Ländern südlich der Sahara. Es sind aber auch Tunesier darunter, die eine Überfahrt nach Italien wagen. Viele wollen Tunesien verlassen, seit Präsident Kais Saied im Februar ein härteres Vorgehen gegen Migranten forderte.
Die EU hat die Außenminister von Belgien und Portugal beauftragt, nach Tunesien zu reisen und einen Lagebericht über die wirtschaftliche und politische Situation in dem nordafrikanischen Land zu erstellen. »Die Situation in Tunesien ist sehr, sehr gefährlich«, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag vergangener Woche nach einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel. »Wenn das Land wirtschaftlich oder sozial zusammenbricht, werden neue Migrantenströme nach Europa kommen. Diese Situation müssen wir vermeiden.«
Borrell sagte, die beiden Minister sollten »die Situation bewerten und mit einem Bericht zurückkommen, der unsere zukünftigen Schritte leiten wird«. Tunesien steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise: Die Inflation ist nach offiziellen Angaben auf 10,4 Prozent und die Arbeitslosigkeit auf 15,2 Prozent geklettert.
Das nordafrikanische Land ist hoch verschuldet und verhandelt schon seit 2021 mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über ein Rettungsdarlehen in Höhe von zwei Milliarden Euro. Doch Präsident Kais Saied wird nach Äußerungen gegen Migranten aus dem südlichen Afrika Rassismus vorgeworfen. Die Weltbank, Tunesiens zweiter großer Kreditgeber, setzte kürzlich die Vergabe neuer Darlehen an den klammen Staat aus.
Das Rettungsschiff »Ocean Viking« wurde der französischen Hilfsorganisation SOS Méditerranée zufolge vor der Küste Libyens erneut vor der libyschen Küstenwache bedroht. Die Besatzung eines Patrouillenbootes habe dabei mit Schusswaffen gedroht und Schüsse in die Luft abgefeuert. Danach habe die Küstenwache etwa 80 Menschen eines in Seenot geratenen Boots aufgefangen und nach Libyen gebracht. Agenturen/nd
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