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Kasseler Kriegswirtschaft
Friedensaktivist warnt vor US-Hyperschallraketen
Die hessische Linksfraktion hat die dritte Auflage des »Rüstungsatlas Hessen« veröffentlicht. In der vom Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag Lühr Henken verfassten Broschüre finden sich Daten zu 108 Betrieben in der boomenden Branche. Im letzten »Rüstungsatlas« von 2018 hatte der Friedensaktivist noch 61 Betriebe ermittelt. Der Anstieg ergibt sich Henken zufolge aus einer verbesserten Datenlage.
Kassel ist laut Henken mit über der Hälfte der auf 5000 geschätzten Beschäftigten das Zentrum der hessischen Rüstungsindustrie. Dort produzieren sowohl Rheinmetall als auch Krauss-Maffei-Wegmann (KMW). KMW habe allein am Standort in Kassel rund 1500 Beschäftigte. »Dieses Werk lieferte sämtliche Panzertürme für die Leopard-2-Kampfpanzer und für die Panzerhaubitze 2000. Leopard 2 werden aktuell für die Bundeswehr modernisiert, für Ungarn und Norwegen werden neue hergestellt«, so Henken. »Die Ukraine erhält von 2024 bis 2025 100 Panzerhaubitzen 2000, Ungarn bis 2025 24 und die Bundeswehr hat jüngst zehn davon nachbestellt.«
Der Bericht listet zudem Lobbygruppen und an Rüstungsforschung beteiligte Hochschulen sowie Militärstützpunkte auf. Dabei stechen der Bundeswehrstandort Stadtallendorf und das Europahauptquartier der US-Armee in Wiesbaden hervor. Die von Stadtallendorf aus kommandierte »Division Schnelle Kräfte« wird laut Henken derzeit um eine Gebirgsjägerbrigade erweitert und soll ab 2030 zu 100 Prozent ausgerüstet sein, um sofort weltweit einsatzbereit zu sein.
Auch die US-Armee in Wiesbaden habe eine Aufwertung erfahren, so der Autor. Neben dem Kommandozuwachs um den afrikanischen Kontinent sei der Standort vor allem als Logistikdrehkreuz westlicher Rüstungsgüter für die Ukraine von entscheidender Bedeutung. Henken warnt zudem vor der von Wiesbaden aus befehligten »Multi Domain Task Force«: Sie werde Langstrecken-Hyperschallraketen des Typs »Dark Eagle« kommandieren, sollten diese in Europa stationiert werden. Mit dieser Waffe sei ein schneller Schlag gegen die russische Führung binnen Minuten möglich, daher stiegen bei einer Stationierung die »Spannungen ins Unermessliche«. Zwar stehe die Stationierung selbst von Prototypen noch aus, die Bedieneinheiten seien aber bereits in Deutschland.
Der Veröffentlichungszeitpunkt fällt in einen Wahlkampf, in dem die von Skandalen um sexuelle Übergriffe gebeutelte Landespartei um den Wiedereinzug ins Parlament bangen muss. Einer Umfrage von Infratest dimap zufolge käme die Linke in Hessen derzeit auf drei Prozent der Stimmen. Die Publikation lässt sich auch als Angebot an die Friedensbewegung sowie als Agenda für den Wahlkampf lesen. »Statt Rüstungskonzernen immer weiter Steuergelder in den Rachen zu werfen, wollen wir, dass die Landespolitik ein Programm zur Rüstungskonversion auflegt, damit von militärischen Produkten auf nichtmilitärische Produktion umgestellt wird«, erklärt Linken-Spitzenkandidat Jan Schalauske. »Auch für diese Forderungen werden wir bei den kommenden Ostermärschen der Friedensbewegung auf die Straße gehen.«
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