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Besetzung an Alice-Salomon-Hochschule: Kampf und Mampf verbinden
Studierende besetzen Audimax der Alice-Salomon-Hochschule
Von der Empore des Audimax der Alice-Salomon-Hochschule in Hellersdorf hängt ein Transparent, das die Studierenden zu Widerstand gegen Rassismus aufruft. Darunter haben sich knapp fünfzig Studierende versammelt. Die Stühle und Tische haben sie zu Sitzecken arrangiert, dazwischen liegen Schlafsäcke. Das Audimax ist besetzt, die Studierenden wollen über Nacht bleiben. »Lasst uns gleich rübergehen und im Foyer ein bisschen Aufstand machen«, fordert eine Studentin vom Rednerpult die Versammelten auf. Davor müssen aber noch praktische Fragen geklärt werden: »Ich soll noch sagen, dass noch Menschen für die Kochgruppe gesucht werden, gibt es Leute, die da unterstützen möchten?«, fragt die Rednerin.
»Wir nehmen uns den Raum, den uns die Hochschule nicht gibt«, sagt Noah Kramer, der für die Studierenden mit Pressevertretern spricht. An der Alice-Salomon-Hochschule (ASH) studieren vor allem künftige Sozialarbeiter, es gibt aber auch Studiengänge aus dem Bereich Gesundheitswissenschaften. Die Besetzung habe sich aus einer Vollversammlung der ASH-Studierenden entwickelt, berichtet Kramer. Ein Teil der Studierenden habe demnach entschieden, nach dem Ende der Vollversammlung einfach im Hörsaal zu bleiben. Statt Vorlesungen stehen jetzt also erst mal Aktionstreffen, gemeinsame Mahlzeiten und politische Workshops auf dem Plan.
Mit der Besetzung wollten die Studierenden ihren politischen Forderungen Nachdruck verleihen. Im Fokus steht dabei ihr Anspruch auf Mitbestimmung. »Wir hatten irgendwann keinen Bock mehr, immer erst informiert zu werden, wenn alle Entscheidungen schon getroffen wurden«, wird eine Studentin in einer Pressemitteilung zitiert. Kramer denkt dabei etwa daran, dass die Hochschulleitung die Studierenden bei der Planung eines neuen Gebäudes nicht miteinbezogen habe.
Damit das studentische Engagement auch möglich wird, fordern die Studierenden eigene Räume. »Man kann nicht auf der einen Seite Partizipation einfordern, aber dann keine Räume dafür zur Verfügung stellen«, kritisiert Kramer die Hochschulleitung. Einen Rahmen, in dem Studierende sich austauschen und organisieren könnten, gebe es bisher nicht. Im Gegenteil seien selbstgestaltete Räume reduziert worden. Dazu gehöre die Fotowerkstatt, die zuletzt ihre Pforten schloss. Zuvor konnten Studierende hier eigene Fotoprojekte verfolgen und eine Dunkelkammer nutzen. Die Werkstatt wiederzueröffnen gehört nun zu den Forderungen der Besetzer.
Auch bei den Studienbedingungen wollen die Besetzer Verbesserungen sehen. Die Hochschule solle alle Studierenden gerecht und ihren Bedürfnissen entsprechend behandeln, heißt es im Forderungskatalog. Die Hochschule müsse mehr für Barrierefreiheit tun, fordert Kramer, etwa indem eine Übersetzung der Lehrveranstaltungen in Gebärdensprache organisiert wird. Menstruationsartikel wie Tampons sollten kostenlos auf den Toiletten zur Verfügung gestellt werden.
Die Studierenden wollen aber nicht nur die eigene Situation verbessern. Auch die Beschäftigungsverhältnisse an der Hochschule müssten sicherer werden, so Kramer. Das reiche von befristet angestellten Dozierenden über schlecht bezahlte Mensa-Köchinnen bis zu outgesourctem Reinigungspersonal. »Wir stellen uns gegen prekäre Arbeitsverhältnisse in jeder Form«, sagt Kramer. Um Überlastung zu beenden, müssten zudem die Verwaltungsorgane wie das Prüfungsamt aufgestockt werden.
Die Studierenden wollen bleiben, bis ihre Forderungen erfüllt sind. Man sei vorbereitet, mindestens bis zum Ende der Woche zu bleiben, danach wolle man weiter beraten, sagt Kramer. Erste Gespräche mit der Hochschulleitung habe es bereits gegeben. Kramer hofft, dass die Hochschulleitung zu Zugeständnissen bereit ist. »Es kann nicht sein, dass sich die Hochschulleitung hinter dem Senat versteckt«, warnt er. Für ihn ist daher klar: »Wir bleiben hier.« Gegenüber der dpa hat die Hochschulleitung angekündigt, die Besetzer zunächst gewähren lassen zu wollen.
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