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USA Spitzenreiter bei Methanemissionen der fossilen Industrie
Die Methanemissionen der USA sind um 70 Prozent höher als von der Umweltbehörde angegeben
Methangas hat keine Farbe und keinen Geruch. Es tritt natürlich auf und wird vor allem überall dort gefunden, wo Öl gefördert wird. Die großen Fackeln, die für viele sinnbildlich für die Ölförderung sind, werden genutzt, um das überschüssige Gas abzubrennen. In manchen Fördergebieten ist Erdgas ein Abfallprodukt, in anderen Teilen der Welt ist es der wichtigste Energieträger überhaupt. Auch Deutschland gehört zu den großen Abnehmern von Erdgas, der Ausfall der Lieferungen aus Russland seit Beginn des Krieges in der Ukraine hat weiterhin große geopolitische Folgen.
Ob als Abfallprodukt der Ölförderung oder als Energieträger haben die Emissionen von Methangas immense Folgen für Mensch, Natur und Klima. Als sogenanntes »potentes Treibhausgas« ist Methan nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) für 30 Prozent der Erderwärmung seit der Industriellen Revolution verantwortlich. Erreicht es die Atmosphäre, ist Methan – der Hauptbestandteil von Erdgas – in seinem Wärmeeffekt über einen Zeitraum von 20 Jahren gerechnet rund 80 Mal so stark wie Kohlendioxid. Obwohl es auch natürliche Quellen für Methanemissionen gibt – darunter zum Beispiel Geysire, Feuchtgebiete, gehen 60 Prozent der Methanemissionen auf menschliche Aktivitäten zurück, und hier wiederum ist die Landwirtschaft dicht gefolgt vom Energiesektor.
Neue Studie zur Emissionshöhe
In einer kürzlich erschienenen Studie im Journal »Proceedings of the National Academy of Sciences« errechnete ein Team von internationalen Wissenschaftler*innen nun, dass die Methanemissionen der USA um die 70 Prozent höher sind, als die, die von der Umweltbehörde Environmental Protection Agency gemeldet wurden. Laut der IEA sind die Vereinigten Staaten mit rund 17 Millionen Tonnen pro Jahr der drittgrößte Emittent von Methan der Welt, knapp hinter Russland mit 18 Millionen, und China mit 28 Millionen Tonnen.
Was Methanemissionen aus der Öl- und Gasförderung anbelangt, sind die USA jedoch alleiniger Spitzenreiter. Lange Zeit von Staaten wie Saudi-Arabien und Russland abgehängt, boomt die Ölproduktion in den Vereinigten Staaten derzeit wie schon seit Langem nicht mehr. 2021 produzierten die USA mit 14,5 Prozent Anteil am Weltmarkt das höchste Volumen weltweit. Dass dies geschehen konnte, ist vor allem einer technologischen Innovation geschuldet, die seit Ende der Nullerjahre das globale Ölgeschäft auf den Kopf stellt: Fracking.
Beim Fracking oder »Hydraulic Fracturing«, wie der Prozess im Englischen formell genannt wird, wird ein Sand-Wasser-Chemikalien-Gemisch unter Hochdruck in Bohrstellen injiziert. Durch Fracking wurden weltweit Öl- und Gasvorkommen aufgedeckt, die sich bis dahin den üblichen Fördermethoden komplett entzogen hatten.
Kein Fördergebiet ist wohl derzeit so beispielhaft für den Siegeszug des Frackings wie das Permbecken. Das gigantische Fördergebiet erstreckt sich über einen weiten Teil des westlichen Texas und reicht bis in den südöstlichen Zipfel des Nachbarstaates New Mexico. Im Permbecken wurden schon in den frühen 1920er-Jahren die ersten Bohrungen durchgeführt, die geologische Beschaffenheit der Gegend gilt als gut erschlossen. Während eine Reihe von Ölbooms dem Permbecken und seinen Anwohner*innen im Laufe des 20. Jahrhunderts immer wieder immense Investitionen einbrachten, galt das Gebiet zu dessen Ende als versiegt. Zwar wussten Geolog*innen um immense Vorkommen, die sich noch in der Erde befanden, doch das feste Schiefergestein, unter dem sie sich verbargen, machte einer etwaigen Förderung dieser Bodenschätze einen großen Strich durch die Rechnung.
Wettrennen ums Öl in Texas
Seitdem Fracking im Permbecken Einzug gehalten hat, findet im Fördergebiet ein zweites großes Wettrennen um das verbleibende Öl statt. Derzeit erreichen die dortigen Produzenten Rekordmengen, rund 5,5 Millionen Barrel fließen derzeit täglich aus Tausenden aktiver Bohrstellen. In Texas erfahren die vielen kleinen und großen Unternehmen, die hier in der Förderung aktiv sind, nur wenige Einschränkungen durch die Politik. Dem großen Bundesstaat im Süden der USA hat Öl und Gas immensen Reichtum beschert, besonders die politisch dominante Republikanische Partei versteht sich als Freund der Industrie.
Doch ökologisch sind die Folgen der ungezügelten Förderung immens. In Texas ist es vollkommen legal, ungewolltes Methangas abzufackeln oder über einen Prozess, der euphemistisch »Venting« genannt wird, schlicht in die Atmosphäre zu entlassen. Auf einer Grafik, die der kürzlich veröffentlichten Studie im »Proceedings of the National Academy of Sciences« beiliegt, kann bildlich nachvollzogen werden, wo die höchsten Methanemissionen in den USA zu finden sind. Dort, wo niedrige oder gar keine Emissionen aufgezeichnet wurden, ist die Karte hell- bis dunkelblau, dort, wo sie hoch sind, ist sie rot eingefärbt. Texas ist mit mehreren Fördergebieten und dem gigantischen Permbecken ein großer, dunkelroter Fleck auf der Karte der Wissenschaftler*innen.
Viele Methanemissionen vermeidbar
Der Environmental Defense Fund, eine nationale Umweltschutzorganisation in den USA, hat sich über mehrere Jahre mit den Emissionen im Permbecken beschäftigt, und unter anderem Drohnen, Wärmebildkameras und Satelliten eingesetzt, um das wahre Ausmaß der Methanemissionen der Region festzuhalten. Laut Colin Leyden, einem Sprecher der Organisation, könnte ein Großteil einfach vermieden werden, wenn verlassene Bohrstellen richtig versiegelt würden und überschüssiges Gas abtransportiert würde, anstatt entlassen oder verbrannt zu werden. »Es handelt sich hier im Wesentlichen um ein Problem der Klempnerei«, sagt er dazu. Bei steigender Öl- und Gasproduktion weltweit wird aber wohl auch das nicht ausreichen, um der schädlichen Emissionen Herr zu werden.
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