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Warum stinkt es im Sommer mehr?
Essen, Abfälle, Urin: Wer bei hohen Temperaturen durch Berlin läuft, kann so manche unangenehme Gerüche wahrnehmen
Wenn ich im Sommer in der Stadt unterwegs bin, fällt mir auf, dass es deutlich mehr stinkt als zu anderen Jahreszeiten. Nach Essen, Abfällen, Urin. Woran liegt das?
Da gibt es zwei Gründe, beide hängen mit der höheren Temperatur zusammen. Je höher die Temperatur ist, desto mehr bewegen sich auch kleine Moleküle zur Nase. Wenn du zum Beispiel ein Parfum auf einen Eisblock sprühen würdest, würdest du erst mal nicht viel davon riechen, außer das, was danebengegangen ist. Gerüche nehmen wir im Wesentlichen über kleine Moleküle wahr, die dann in die entsprechenden Riechrezeptoren in der Nase kommen. Die kommen da natürlich nur mit der Luft hin und bei Kälte bewegen die sich nicht so gut.
Und der zweite Grund?
Der zweite, mindestens genauso wichtige Grund ist, dass die meisten biochemischen Prozesse – Zersetzung zum Beispiel durch Bakterien – bei Wärme wesentlich besser funktionieren. Viele organische Abfälle in der Umwelt werden von Bakterien zersetzt und die Zersetzungsprodukte sind dann meistens das, was so übel riecht. Etwa schwefelhaltige organische Substanzen oder stickstoffhaltige. Der berüchtigte Fischgeruch hängt meistens mit sogenannten Aminen zusammen, organischen Verbindungen, wo ein NH2-Rest dranhängt, so etwas ähnliches wie Ammoniak. Und dann gibt es Ammoniak selber auch als Zersetzungsprodukt – wahrscheinlich nicht selten bei Urin. Das sind oft sehr stechende und unangenehme Gerüche. Das bekannteste sehr kleine Molekül, das übel riecht, wo wir schon einige Moleküle gut wahrnehmen, ist Schwefelwasserstoff: der berühmt-berüchtigte Faule-Eier-Geruch.
Ich habe mal gehört, dass Leute, die einmal den Tod gerochen haben, diesen wohl spezifischen Geruch wiedererkennen können, etwa wenn sie an einem toten Vogel vorbeilaufen. Kann das sein?
Das habe ich noch nicht gehört. Ich kann mir das auch nicht gut vorstellen, obwohl ich eigentlich für Sachen, die ich nicht leiden kann, eine feine Nase habe. Meine Erfahrungen mit dem Geruch von Tod liegen lange zurück und sind begrenzt auf ein paar Tiere: Irgendwann musste ich mal eine tote Katze aus dem Keller entfernen. Das hing mir noch lange in der Nase. Aber ich glaube nicht, dass ich deswegen leichter einen toten Vogel auf der Straße erspürt hätte. Und dann war mal vor sehr langer Zeit beim »nd« eine tote Maus hinter dem Kühlschrank. Da habe ich erst lange gedacht, irgendwie riecht das hier komisch, bis ich dann den Kühlschrank weggerückt hatte und dann war die Sache klar.
Zurück zu den Gerüchen in der Stadt. Natürlich findet im Sommer mehr Leben draußen statt. Spielt das auch eine Rolle?
Was Essensgerüche angeht, ganz sicher. Picknicks und Grill-Abende macht man ja nicht unbedingt im Winter. Aber all die anderen Sachen, die hängen eben auch mit der Biochemie zusammen und mit der Art und Weise, wie wir Gerüche aufnehmen.
Sollte ich dann meinen Bio-Müll zur warmen Jahreszeit lieber draußen auf dem Balkon abstellen als unter der Spüle?
Das hängt davon ab, wie lange es bei dir immer dauert, bis du ihn leeren musst. Bei uns steht der drinnen und riecht auch in der Regel nicht. Es sei denn, es sind mal Fleischreste drin, dann werden sie sofort weggebracht. Fleisch fängt schnell an, sehr unangenehm zu riechen. Selbst die Verpackungen von Fisch- oder Fleisch-Produkten für die Gelbe Tonne kann man nicht lange liegen lassen.
Es gibt auch Würmerkisten, in die man den Bio-Abfall reinwerfen kann, und das wird dann kompostiert. Am Ende hat man frische Erde in der Kiste.
Wobei ich jetzt nicht weiß, ob man diese Kisten innen aufstellt oder draußen. Wahrscheinlich im Winter besser nicht draußen wegen der Kälte. Und mit den Würmern und überhaupt dem kleineren Kriechzeug habe ich auch so meine Schwierigkeiten.
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