Mark Stewart: Mafia von links

Wir sind alle Prostituierte: Mark Stewart ist tot

  • Niko Daniel
  • Lesedauer: 2 Min.
Manche Leute hatten Angst vor ihm: Mark Stewart, 2015 auf einem Festival in Dänemark
Manche Leute hatten Angst vor ihm: Mark Stewart, 2015 auf einem Festival in Dänemark

Der britische Agit-Popmusiker Mark Stewart ist tot. Er starb am vergangenen Freitag im Alter von 62 Jahren. Stewart war eine wichtige Figur für die britische Punk-, Postpunk und Dub-Szene in linksradikaler Auslegung. Geboren 1960 und aufgewachsen in Bristol gründete er dort 1977 mit Jugendfreunden The Pop Group. Das war eine dieser Bands, die damals kaum jemand kannte, die dann aber auf lange Sicht sehr einflussreich wurde, mit einer krassen Mischung aus Punk, Jazz und Krautrock, die sie krude, aber heftig mit laienhaftem Spiel durchsetzten. Das Ganze kombiniert mit einem politisch weltrevolutionären, antiimperialistischen Ansatz.

Ihre zweite Single hieß »We Are all Prostitutes«, ihr zweites Album »For How Much Longer Do We Tolerate Mass Murder?« und erschien 1980. Danach war erst mal Schluss mit der Band, die sich erst 2015 wieder zusammenfand. Das Comeback-Album hieß dann »Citizen Zombie« – so viel zur linksliberalen Idee des Citoyen. Der britische Poptheoretiker Simon Reynolds nannte es »dionysische Protestmusik«.

Stewarts Geburtstadt Bristol wurde Anfang der 90er Jahre auch zur Geburtsstadt von TripHop, diesem Hybrid aus Dub und HipHop, das man auch Big Beat oder Downbeat nannte, weil es so einen Wumms hatte und das heute fast vergessen ist. Massive Attack machten diese Richtung in den 90ern zeitweise berühmt. Die Vorarbeit wurde von Adrian Sherwood geleistet, der auf seinem Ende der 70er gegründeten Label OnU-Sound verschiedene Mischformen von Punk, Dub und Reggae veröffentlichte, unter anderem auch das Projekt New Age Steppers, in dem auch Mark Stewart mitwirkte, zusammen mit Bim Sherman und Neneh Sherry, bevor sie berühmt wurde.

Mark Stewart, ein Hüne von einen Mann, konnte eine sehr gewalttätige Erscheinung sein, die den Leuten Angst machte. Ab 1982 trat er als Mark and The Maffia auf und mischte hierfür Dub und Industrial unter dem Motto »As The Veneer Of Democracy Starts To Fade«: Wenn der Anstrich der Demokratie zu verschwinden beginnt. Einer Anekdote zufolge sollte die Band ursprünglich »Mark Stewart versus the Maffia« heißen, doch das wurde dann auf einem Plakat falsch gedruckt. Die Mafia sollte ganz allgemein die Unterhaltungsindustrie sein. Dann spielte er halt nicht dagegen, sondern damit. Das war seine musikalische Opposition.

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