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Alba Berlin will Bonn in den Basketball-Playoffs angreifen
Zum Start in die BBL-Playoffs bahnt sich ein spannender Dreikampf um die Meisterschaft an
Mit dem Start in die heiße Phase der Basektball-Bundesliga (BBL) geht stets eine Tradition einher: das Hin- und Herschieben der Favoritenrolle. Egal wer die Hauptrunde gewonnen hat, vor den Playoffs finden sich immer Argumente, warum doch ein anderer Klub besser sei und damit den Druck habe, die Meisterschaft gewinnen zu müssen. So sagen die Vertreter Bayern Münchens, dass Alba Berlin als Titelverteidiger wisse, wie man gewinnt. Die Berliner verweisen ihrerseits auf den teuren Münchener Kader voller europäischer Stars. So weit, so üblich. In diesem Jahr mischt jedoch ein dritter Klub ganz oben mit: Die Baskets Bonn verloren nur zwei ihrer 34 Hauptrundenspiele, hätten damit Heimvorteil bis ins Finale und müssen nun damit leben, von den bisherigen Platzhirschen in die Favoritenrolle gedrängt zu werden.
Angeführt vom nur 1,75 Meter großen TJ Shorts, der zuletzt zum wertvollsten BBL-Spieler gekürt wurde, blieben die Bonner in ihren Heimspielen ungeschlagen. Da sie zudem in der Champions League – im Basketball der dritthöchste Europacup-Wettbewerb – das Final Four erreicht haben, blicken sie auf die bislang erfolgreichste Saison der Vereinsgeschichte zurück. Gekrönt wird sie jedoch erst mit einem Titel. Fünfmal war Bonn schon Vizemeister, dazu kommen drei verlorene Pokalendspiele. Eine Trophäe steht also immer noch nicht in der Vitrine. Die erste Gelegenheit dafür bietet sich an diesem Sonntag, wenn die Bonner in Malaga zum Finale der Champions League auf Hapoel Jerusalem treffen. Ihr dramatisches Halbfinale gewannen sie gegen die Gastgeber mit 69:67.
Aus diesem Grund wird ihre BBL-Viertelfinalserie gegen die Niners aus Chemnitz auch die letzte sein, die am kommenden Mittwoch angepfiffen wird. Der Auftakt der Playoffs steigt dagegen schon an diesem Sonntag mit dem Duell zwischen Titelverteidiger Berlin und Ulm.
Auch die Berliner haben eine starke Saison hinter sich, mit nur drei Niederlagen sogar einen Vereinsrekord aufgestellt. »Daher überrascht es mich auch, dass wir damit nur Zweiter wurden«, sagte Trainer Israel González in dieser Woche dem »nd«. Das Gute daran ist, dass man die Bonner nun zum Favoriten erklären kann. »Die haben eine unglaubliche Saison gespielt und das Momentum auf ihrer Seite«, meinte Albas Sportdirektor Himar Ojeda. »Bonn hat sein Team seit gut zwei Jahren zusammen und hat sich gut eingespielt«, fügte sein spanischer Landsmann González hinzu, obwohl das Gleiche auch über die Berliner zu sagen wäre.
Ein Aufeinandertreffen mit den Baskets wäre allerdings erst im Finale möglich, weshalb sich die Berliner zunächst mit ihrem Viertelfinalgegner Ulm beschäftigen. »Die Ulmer erreichen seit Jahren fast immer die Playoffs, manchmal sogar das Finale. Die wissen, wie es ist, hier zu sein, das macht sie gefährlich«, so Ojeda. Mit dem 18-jährigen Juan Núñez hätten die Schwaben zudem eins der größten europäischen Talente verpflichtet, das bei Real Madrid ausgebildet wurde.
Das Problem für Berlins Klubführung ist nun, ihren Basketballern die Einstellung auszutreiben, per se besser zu sein als die Ulmer, nur weil sie für Alba spielen. Dabei ist jene nationale Spitzenposition Albas Anspruch, der bei der Verpflichtung auch jedem Neuankömmling so vermittelt wird. »Wir haben versucht, eine Kultur zu entwickeln, bei der wir nur auf uns selbst schauen. Die Spieler sollen sich nur auf sich konzentrieren, daher geben wir ihnen auch kaum Informationen zum Gegner. Diese Routine muss nun einfach weitergelebt werden«, umschrieb Himar Ojeda die Strategie, mit der Alba erst gar keine Überheblichkeit aufkommen lassen will.
Ganz verhindern lässt sich das Was-wäre-wenn-Spiel dennoch nicht. »Natürlich hat jeder den Turnierbaum im Kopf und rechnet damit, dass wie die Serie gewinnen, danach wohl gegen München und im Finale gegen Bonn spielen«, gesteht Nationalspieler Louis Olinde, um gleich im folgenden Satz einzuschränken: »Aber es ist wichtig, Ulm nicht zu unterschätzen. Ulm hat starke Teams geschlagen, und sie sind in einer guten Form im Moment. Sonst hat man früher Sommerpause als erhofft.« Wie gefährlich Ulm tatsächlich ist, zeigte sich am letzten Spieltag, als die Schwaben gegen Bonn erst in letzter Sekunde mit 83:85 verloren.
Für Klubs wie Ulm steht nun allerdings auch eine Umstellung an: Ihre Saison lief in etwa nach folgendem Muster ab: fünf Tage Training, ein Spiel, ein Tag Pause. Und dann geht alles von vorne los. Nun beginnt der Reisestress, und plötzlich wird mindestens zweimal in der Woche gespielt. Darauf muss man sich erst einstellen.
Für Euroleague-Teams hingegen wirken die Playoffs wie eine lang herbeigesehnte Ruhephase. Hinter Berlin und München liegen mehrere Monate, in denen sie kreuz und quer durch Europa reisten, drei Spiele pro Woche waren die Regel, dazwischen wurde nur geflogen und regeneriert. Für Training gab es keine Zeit. Nun aber konnten gleich mehrere Alba-Spieler Erkältungen auskurieren, auch Maodo Lô durfte eine Sprunggelenksblessur in Ruhe ausheilen lassen. Drei Tage vor dem Serienstart gab González dem kompletten Team sogar noch einmal frei.
Ein Luxus für Albas viel beschäftigte Spieler, die zudem auch im Kopf frischer sind. »Im Winter spielt man irgendwie alles runter – die Tage sind kurz, es ist dunkel. Jetzt ist es leichter, weil man ein Ziel direkt vor Augen hat und wir neue Energie sammeln konnten«, sagte Flügelspieler Olinde. »Wir wollten in den letzten Wochen zwar die Spannung hochhalten, aber auch zusehen, dass wir gesund in die Playoffs starten.«
Das scheint gelungen, und Coach González darf mal endlich das tun, wofür er angestellt wurde: »Wir konnten eine ganze Woche lang trainieren, das wird sogar zwischen den Spielen möglich sein. Und da wir nicht mehr so weit reisen, können wir auch mit mehr Energie in die Partien gehen«, freute sich der Meistertrainer auf den Sonntag.
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