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Sexpositive Serie »F*ck Berlin«: Selbst Gott hat nichts dagegen

Die Dokuserie »F*ck Berlin« widmet sich mit weiblichem Blick alternativer Liebe

  • Susanne Gietl
  • Lesedauer: 3 Min.
Für Medusa ist die BDSM-Szene in Berlin ein zweites Zuhause geworden.
Für Medusa ist die BDSM-Szene in Berlin ein zweites Zuhause geworden.

Noch lässt der Sommer auf sich warten, aber bei »F*ck Berlin« wird es heiß, könnte man meinen. Denn die Dokuserie beleuchtet die sexpositive Szene Berlins. Sexpositiv bedeutet, dass Mann, Frau oder divers zu den eigenen Vorlieben steht und auch die Vorlieben anderer vorbehaltlos annimmt. Egal wen, wann und an welchen Orten. Genau diese Toleranz spürt man beim Ansehen der Serie. Regisseurin Villetelle beleuchtet die sexpositive Szene, ist aber nicht voyeuristisch. Sex wird nie pornografisch dargestellt. Manchmal erkennt man eine U-Bahnstation oder ein Gebäude, die Serie verzichtet aber darauf, Clubs namentlich zu zeigen oder zu nennen.

Villetelle konzentriert sich auf vier Aspekte: sexpositive Partys, sexuelle Vorlieben, Poly-Beziehung und Safer Spaces. Im Laufe der vierteiligen Dokuserie erzählen neun Menschen von ihren persönlichen Erlebnissen. In großen Lettern wird die jeweilige Szenegängerin vorgestellt. Die Interviewpartner*innen sprechen in einem komplett schwarzen Raum über ihre Wünsche und Ängste, Krisen und Gefühle. Sie geben tiefe Einblicke: Was bedeutet es, wie Lisa und ihr Mann eine offene Beziehung zu führen und warum funktioniert das Beziehungsmodell bei ihnen so gut? Wie geht man in einer offenen Beziehung mit Eifersucht um? Sind bei sexpositiven Partys wirklich alle »eingeladen« oder gibt es unsichtbare Grenzen? Kann man wie Maria Sexpositivität mit Glauben vereinbaren?

Maria fand eine Lösung. Sie fragte Gott nach einem Zeichen, ob sie Sexabenteuer haben darf. Als kein Zeichen kam, um sie zu stoppen, machte sie weiter. Im Laufe der Doku geht es Villetelle immer wieder um das Thema Grenzen. Im Interview erzählt Maria zum Beispiel, wie sie einer Frau mehrmals signalisierte, dass sie beim Sex nicht erwünscht sei.

In der Folge »Safer Spaces« wird beispielsweise erklärt, dass es bei der Sexpraktik des Auspeitschens ein Ampelsystem gibt. Ist die Stufe »rot« erreicht, stoppt die Praktik und das Gegenüber kümmert sich fürsorglich um das Wohlergehen der anderen Person.

Durch Martina und Medusa entdeckt man die BDSM-Szene. Wenn Martina von sexuellen Praktiken wie Spanking (Auspeitschen) und Choking (Würgen) erzählt, stehen die Begriffe unaufgeklärt im Raum. Das ist einerseits schade, andererseits ist es schön, dass Villetelle kein Lehrstück aus der Doku macht. Sie lässt ihre Protagonist*innen frei sprechen. Manchmal erklären die Szenegängerinnen selbst die Begriffe. Man erfährt, was hinter der Faszination an japanischer Fesselkunst (Shibari) steckt. Es sei wichtig, dass man sich der Person anvertrauen könne und von ihr aufgefangen wird. »Ein Seil ist wie eine verlängerte Hand. Du kannst einen Menschen umfassen und irgendwie festhalten. Dadurch habe ich sehr stark loslassen gelernt,« erklärt Medusa, die mit 16 in Zwangsprostitution gedrängt wurde.

Die Kamera bewertet nicht, sondern zeigt die Fesselkünstlerin, während Medusa im Voice-Over erklärt, dass sie durch Shibari an verborgene Gefühle herankomme. Medusa beschreibt das als Schichten, die sie selbst nicht aufkratzen kann.

In der letzten Folge erklärt Elizabeth, die sich klar als weiblich definiert, was sie an der sexpositiven Szene so schätze. »Es geht darum, die Freude an Sinnlichkeit, Erotik und Sexualität zu entstigmatisieren.« Sie habe für sich FLINTA*-Partys entdeckt – eingeladen sind Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender (geschlechtsneutrale) Personen. Dort fühle sie sich wohl, denn dort werde sie respektiert.

»F*ck Berlin« zeigt mit viel Respekt zu den neun Szenegängerinnen, was freie Sexualität bedeuten kann. Um es plakativ mit den Worten von Medusa zu sagen: »Fuck. Unser Körper ist ein Tempel, aber auch ein Freizeitpark.« Solange die Grenzen des Anderen gewahrt werden.

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