Kohlrabi am liebsten als Rohkost

Die Sommerkohlarten sind gut bekömmlich, werden aber zu großen Teilen importiert

  • Anke Nussbücker
  • Lesedauer: 5 Min.

Zu den heimischen Gemüsearten, die im Frühsommer geerntet werden, gehören Kohlrabi, Blumenkohl und Brokkoli als schmackhafte Züchtungen der wilden Kohlpflanze. Bereits die Römer und die Griechen der Antike kannten Brokkoli, eine Form des Kohls, bei dem die ergrünten Blütenstände als Gemüse zubereitet werden. Auch Kohlrabi, bei dem die knollig verdickte Sprossachse verzehrt wird, ist ein sehr zartes und mildes Gemüse.

Bereits Kleinkinder knabbern den in dünne Scheiben oder Streifen geschnittenen Kohlrabi am liebsten als Rohkost. Auf diese Weise können sie schon in jungen Jahren an dieses gesunde Gemüse herangeführt werden, wohingegen Kinder und Jugendliche gerade bei Winterkohlarten wie Rosenkohl bekanntlich erst sehr viel später auf den Geschmack kommen.

Rezept Kohlrabi-Salat (für zwei Personen)

Zuerst ein Dressing bereiten: aus einem Esslöffel Joghurt oder Mayonnaise, je einem Teelöffel Senf und Leinöl, dem Saft einer halben Zitrone, je einer Prise Pfeffer und Salz sowie circa 20 Gramm fein gewiegter Kräuter wie Petersilie, Dill, Estragon oder Zitronenmelisse. Dann einen Kohlrabi schälen, reiben und sofort mit dem Dressing verrühren. Auf Blattsalaten anrichten. anu

Kohlrabi wächst als weiße und violette Varietät. Entscheidend für seine Zartheit ist eine frühe Ernte, aber auch das zeitnahe Verarbeiten und Verzehren nach dem Einkauf innerhalb weniger Tage. Längere Lagerzeit kann ihn holzig werden lassen.

Frisch geerntet und roh genossen, enthält Kohlrabi pro hundert Gramm circa 65 Milligramm Vitamin C, 70 Mikrogramm Folsäure, rund zwei Milligramm Vitamin B3 sowie reichlich Mineralstoffe wie Kalium, Calcium, Magnesium und Spurenelemente wie Zink, Eisen und Mangan. In puncto Glucosinolate, die antibakteriell und antientzündlich wirken sowie krebsvorbeugend, steht der Kohlrabi dem populären Brokkoli in nichts nach.

Jedoch besitzt Brokkoli einen höheren Gehalt an den Vitaminen A, C, E und K. Im Vergleich zum Blumenkohl hat Brokkoli einen doppelt bis dreifach so hohen Calciumgehalt, was ihn auch für die Knochengesundheit bedeutsam macht.

Die unter dem Begriff Glucosinolate zusammengefassten Verbindungen sind für den leicht scharfen Geschmack von rohem Kohlgemüse verantwortlich. Vor allem für die ableitenden Harnwege gelten die antientzündlichen, therapeutischen Wirkungen dieser Stoffgruppe als gesichert, wie im »Lexikon der Ernährung«, herausgegeben von Udo Maid-Kohnert, nachzulesen ist.

Gerade sein Ruf, ganz besonders antikanzerogen und bei einer Krebsbehandlung hilfreich zu sein, ließ in den letzten 30 Jahren einen regelrechten Hype um Brokkoli entstehen. So erwuchs in den USA der Trend, möglichst mehrmals wöchentlich Brokkoli zu verzehren. Dieser Trend schwappte auch nach Europa, leider ohne zu beachten, wann er hierzulande seine Saison hat.

In Deutschland kann die Aussaat und Anzucht von Brokkoli im ungeheizten Gewächshaus meist erst im April beginnen. Die Pflanzung ins freie Feld erfolgt circa ab Mitte Mai, denn die jungen Pflanzen sind noch frostempfindlich. Entsprechend geht die Erntezeit von Juni bis Oktober, wobei die größeren Pflanzen durchaus die ersten herbstlichen Nachtfröste vertragen.

Auch wenn die Anbauflächen für Brokkoli in Deutschland von circa 700 Hektar im Jahr 1992 auf 3000 Hektar im Jahr 2022 vergrößert wurden, reichen die Erntemengen nicht aus. Hauptsächlich für Getreide mit einem Löwenanteil an Futtergetreide sowie für Fleisch und andere Produkte vom Tier wartet Deutschland mit einem Selbstversorgungsgrad von hundert Prozent und mehr auf. Bei den meisten Gemüsearten werden weniger als fünfzig Prozent erreicht.

Sicherlich war es in den 1950er und 1960er Jahren richtig, den Schwerpunkt auf die Versorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln und Hauptnährstoffen zu legen. Aber inzwischen scheint Deutschland vor allem beim Gemüseanbau aktuellen Ernährungstrends hinterherzuhinken.

In den Sommermonaten werden Blumenkohl und Brokkoli unter anderem auch aus Belgien und den Niederlanden importiert. Ab November bis Mai werden die beiden Kohlarten vor allem aus den Mittelmeerländern Spanien und Italien nach Deutschland geliefert. In diesen südeuropäischen Ländern ist der Grundwasserspiegel bereits so weit abgesunken, dass die Landschaft rund um die künstlich bewässerten Plantagen förmlich verdorrt und sich Wüsten bilden.

Tiefgekühlter Brokkoli, der im Winter von deutschen Discountern und Supermärkten angeboten wird, stammt oftmals aus dem südamerikanischen Land Ecuador, zum Teil auch aus Mexiko oder Guatemala, wo bis zu drei Ernten pro Jahr möglich sind. Das ist nicht nur im Hinblick auf die weiten Transportwege grober Unsinn.

Besonders in Ecuador werden für unser Bedürfnis nach dieser vitaminreichen Nahrung Kleinproduzenten und Frauen ausgebeutet. Die Kleinbauern erhalten Jungpflanzen, Dünger und Pestizide mit der Verpflichtung, ihre Ernte ausschließlich an Firmen wie Iglo zu verkaufen. Aufgrund der Tatsache, dass dort seit dem Jahr 2000 nur der US-Dollar als Zahlungsmittel akzeptiert wird, werden Dumpingpreise diktiert, auf welche die Politiker dieses Landes keinen Einfluss haben. Für die Verarbeitung zu Tiefkühlware und bei der Verpackung in Plastikfolie stehen vor allem Frauen bis zu 80 Stunden pro Woche bei Kälte in den Fabriken.

Sommergemüsearten wie Kohlrabi, Blumenkohl und Brokkoli aus regionalem Anbau zu bevorzugen, verkürzt nicht nur die Transportwege, sondern könnte auch eine faire Nutzung von Regenwasser und Grundwasserreserven berücksichtigen. Die freie Marktwirtschaft kann die genannten Probleme nicht lösen, weil es wohl immer wieder Abnehmer von besonders billigem Gemüse geben wird. Die jüngsten Preissteigerungen bei Lebensmitteln werden jedenfalls nicht dazu beitragen, dass sich Menschen im Zweifelsfall für das doppelt so teure, regionale Bio-Gemüse entscheiden.

Es lohnt sich aber, die Preisentwicklung für heimische Saisonware zu beobachten. Sobald in Deutschland die Haupternte von Sommerkohl beginnt und auch Ernteüberschüsse auftreten, sind Brokkoli und Kohlrabi relativ preisgünstig zu erstehen. Im eigenen Kleingarten lässt sich Blumenkohl recht einfach nach Bio-Kriterien anpflanzen, wenn man sich nicht scheut, eventuell schlüpfende Raupen des Kohlweißlings mit der Hand abzusammeln.

Kohlrabi kann für ältere Menschen mit Kau- und Schluckstörungen fein gerieben als Rohkostsalat zubereitet werden. Nach dem Zerkleinern ist es wichtig, die Rohkost möglichst rasch mit einem Dressing zu vermischen, um ein Bitterwerden zu vermeiden. Kohlrabi in Scheiben geschnitten und mit gemahlenen Haselnüssen paniert, kann als vollwertige, vegetarische Schnitzel gebraten werden. Eine fertige Falafel-Mischung, wie sie in Drogeriemärkten erhältlich ist und die nur mit heißem Wasser angerührt wird, kann vor dem Braten mit geriebenem Kohlrabi angereichert werden. Dadurch werden die entstehenden veganen Bratklößchen sogar saftiger und lockerer. Aus Blumenkohl oder Brokkoli lassen sich lauwarme Salate bereiten oder cremig pürierte Suppen kochen.

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