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Psychische Erkrankungen: Krise in Berliner Köpfen

Ein Aktionsbündnis will sich in der Haupstadt für psychische Gesundheit einsetzen – Menschen in Metropolen sind besonders betroffen

Wie groß der Handlungsbedarf mittlerweile ist, zeigen die Zahlen: Etwa 28 Prozent der deutschen Bevölkerung erkranken jedes Jahr laut Krankenkassenangaben an psychischen Krankheiten. Gerade in Berlin fällt der Anteil besonders hoch aus, etwa die Hälfte der hier wohnenden Menschen soll in ihrem Leben schon einmal eine seelische Krise durchgemacht haben. Doch die gesundheitliche Versorgung stößt in der Hauptstadt an ihre Grenzen.

»Berlin war mal Vorreiter an der Stelle«, sagt Gabriele Schlimper, Geschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes am Mittwoch in Prenzlauer Berg. Schon in den 1960er Jahren hätten Senatsverwaltungen in Westberlin versucht, damalige Fürsorgestellen in sozialpsychiatrische Betratungsstellen umzubauen. Nun will Schlimper »einen Neuaufschlag« wagen. Mit dem Verein Gesundheitsstadt Berlin hat der Wohlfahrtsverband deshalb ein neues Aktionsbündnis für psychische Gesundheit in Berlin gegründet. Es will künftig zwischen Akteur*innen aus Politik und Gesellschaft vermitteln und Aufmerksamkeit für das Tabuthema schaffen.

Im Zuge der Corona-Pandemie und dem kurz darauf folgenden Krieg in der Ukraine hat sich die Lage in der Hauptstadt verschlimmert. Die steigenden Lebenshaltungskosten haben nicht nur für monetäre, sondern genauso für psychische Belastungen gesorgt. »Psychische Erkrankungen können in die Armutsfalle führen, und spätestens dann ist es eine soziale Erkrankung«, führt Schlimper aus. Das Spektrum reiche von Verstimmung und Belastungszuständen bis hin zu Panikattacken und Depression. Frauen seien im Vergleich häufiger betroffen als Männer.

Ganz ähnlich sieht das Iris Hauth vom Verein Gesundheitsstadt Berlin. »Das Gespenst der Obdachlosigkeit geht um«, stellt die Psychiaterin und Psychotherapeutin fest. Die Kliniken seien gut vernetzt, hätten aber Probleme damit, betreute Wohnlösungen für Patient*innen zu finden, sobald diese eine Klinik verlassen. Die finanzielle Unterstützung stagniere seit Jahren und besonders für Schutz suchende Bevölkerungsgruppen fehle es an Mitteln. »Es kann nicht sein, dass jemand auf einen Termin zwei, vier, fünf Monate wartet«, sagt Hauth. Zugleich seien während der vergangenen zehn Jahre Fehltage um 41 Prozent gestiegen.

Gerade bei Beratungsstellen für psychisch Erkrankte und niedrigschwelligen Arbeitsangeboten sieht Hauth die Möglichkeit anzusetzen. Ziel müsse ein gestuftes Angebotsmodell sein, das Optionen neben einem Klinikaufenthalt biete. »Stressabbau muss schon in der Schule stattfinden und auch fortgeführt werden«, fordert Hauth. Es liege nun am Senat, mit Haushaltsgeldern Planungssicherheit für Träger und Patient*innen zu schaffen.

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