Linke in Niedersachsen: »Nicht verfassungsfeindlich«

Niedersachsens Linkspartei weist Vorwürfe des Inland-Geheimdienstes gegen KPF und AKL zurück

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Das niedersächsische Landesamt für Verfassungsschutz erwähnt in seinem Jahresbericht 2022 unter der Überschrift »Aktuelle Entwicklungen im Linksextremismus« weiterhin die »Kommunistische Plattform« (KPF) und die »Antikapitalistische Linke« (AKL). Beide versuchten dem Verfassungsschutz zufolge »Einfluss auf das politische Profil« der Linkspartei zu nehmen, etwa um die »Deutungshoheit bei bestimmten Themen, wie dem Umgang mit der SED-Diktatur, zu erlangen«. Dazu beteiligten sich ihre Mitglieder mit eigenen Delegierten an Parteitagen, haben die Schlapphüte beobachtet.

Nach den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes, die durch Zeitunglesen, aber auch Spitzel oder andere »nachrichtendienstliche Mittel« gewonnen wurden, streben die zwei als »offen extremistisch« bezeichneten Zusammenschlüsse »nach wie vor, wenn auch in unterschiedlicher Ausführung und Intensität, die Überwindung der bestehenden politischen Ordnung der Bundesrepublik« an. Diese solle durch ein »sozialistisches bzw. kommunistisches System« ersetzt werden.

Die Linkspartei, die der Geheimdienst in Niedersachsen nicht in Gänze zur Beobachtungsklientel zählt, fordert von der Landesregierung, »die Falschbehauptung aus dem Bericht zu streichen«. »Wieder einmal verbreitet der Geheimdienst Fehlinformationen, indem er behauptet, 2022 habe sich die innerparteiliche Strömung AKL mit eigenen Delegierten an den Parteitagen beteiligt«, sagt Thorben Peters, Co-Vorsitzender der Linken im zweitgrößten Bundesland. Dabei habe die AKL im vergangenen Jahr gar kein Delegiertenmandat bei den Parteitagen der Landespartei wahrgenommen, so Peters. Auch habe es im Berichtszeitraum keine erneuten Debatten über die DDR-Geschichte gegeben, keine Erörterungen dazu, auf die von der AKL im Rahmen von Parteitagen hätte Einfluss genommen werden können. Zudem weist der Co-Landesvorsitzende den Vorwurf der Verfassungsfeindlichkeit der genannten Strömungen zurück. Alte Behauptungen würden offenbar ungeprüft und immer wieder neu verbreitet.

Der Geheimdienst gehöre abgeschafft, fordert Peters, allein schon aus grundsätzlichen demokratischen Erwägungen. Die Organisation müsse stattdessen durch ein wissenschaftlich und transparent arbeitendes Demokratie-Institut ersetzt werden, dessen Erkenntnisse neutral und öffentlich überprüft werden können. »Statt Märchen über parteiinterne Strömungen hätte ich lieber in dem Bericht gelesen, wer in der Vergangenheit aktive Mitglieder meiner Partei bespitzelt hat«, so Peters.

Erstmals in dem Verfassungsschutzbericht aufgenommen wurde das Thema »Antifeminismus«. Derartige Einstellungen seien allen rechtsextremistischen Ausprägungen zu einem gewissen Grad inhärent, schreiben die Geheimdienstler. Dies basiere im Wesentlichen auf der grundlegenden Ablehnung gesellschaftlicher Modernisierungsprozesse. Die dadurch sichtbare Emanzipation und Präsenz von Frauen im öffentlichen und politischen Diskurs würden von Rechtsextremisten als Gegenentwurf zu ihrem Verständnis von Geschlechterrollen empfunden.

Niedersachsens Grüne begrüßen die erstmalige Aufnahme von »Antifeminismus« in einen Verfassungsschutzbericht. Organisierter Frauenhass dürfe kein Randthema mehr für den Geheimdienst sein, so Evrim Camuz, Grünen-Sprecherin für Verfassungsschutz. Eine Vielzahl rechtsterroristischer Taten, etwa die Verbrechen der Attentäter von Hanau und Halle, basierten auf einem Weltbild, das Frauen als minderwertig oder sogar verachtenswert betrachtet. Weil der Feminismus gerade auch männliche Privilegien hinterfrage, sei er zu einem Feindbild der Szene geworden.

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